Mutter-und-Sohn-Chaos: An diesem Freitag läuft beim Festival „Mommy“ von Xavier Dolan im Stuttgarter Kino Delphi (20.30 Uhr) Foto: Festival

Einen stimmungsvollen Auftakt hat ­Regisseur Robert Guédiguian den Französischen Filmtagen bereitet mit seinem Märchen „Au fil d’Ariane“. An diesem Sonntag läuft im Kino Delphi „Timbuktu“, ein Drama über die komplizierte Gemengelage im islamistisch terrorisierten ­Afrika.

Stuttgart - Da sitzt Ariane nun mit ihrem Kuchen und den brennenden Kerzen, und die einzigen, die zum Geburtstag kommen, sind Nachrichten: Ihr vielbeschäftigter Mann und die Kinder teilen ihr nacheinander mit, sie seien leider verhindert. Also fährt Ariane los, ohne Ziel, und entdeckt das Abenteuer Leben neu.

Einen stimmungsvollen Auftakt hat Regisseur Robert Guédiguian den Französischen Filmtagen bereitet mit seinem Märchen „Au fil d’Ariane“ am Donnerstag im Delphi-Kino. Wie alle seine Filme, die Romanze „Marius et Jeanette“ (1997) oder das Gewerkschafts-Drama „Les Neiges du Kilimandjaro“ (2011), hat er wieder in seiner Heimatstadt Marseille gedreht. Und er hat erneut seine Lieblingsschauspieler um sich versammelt, allen voran seine Frau und Muse Ariane Ascaride in der Hauptrolle.

Die Ariane im Film landet in einem Café am Strand, das seine besten Tage hinter sich hat und in dem vor allem Seniorengruppen verkehren. Der Wirt Denis (Gérard Meylan) bietet Gestrandeten Zuflucht, dem verwirrten Weisen Jack (Jacques Boudet), der Hure Lola (Lola Naymark ) oder dem ehemaligen Wärter des Naturkundemuseums (Youssouf Djaoro), der in Albträumen eine Zukunft sieht, in der kein Platz mehr ist für das Strandgut der Natur – wie die Bewohner des Café Olympique selbst welches sind.

Letzteres wird zum Ort der Anarchie, der Film zur wehmütigen Liebeserklärung an das Frankreich vor der Krise. Er erinnert an Gewissheiten, die schwinden, und an eine Geborgenheit, die der globalisierte Neoliberalismus nur noch denen bietet, die sie sich leisten können.

Auch wenn Guédiguian am Ende ein wenig übers Ziel hinausschießt, eines gelingt ihm auf jeden Fall: in Erinnerung zu rufen, wieso es so bereichernd und ein so großes Vergnügen sein kann, mit den nicht immer auf Anhieb nahbaren Einwohnern der großen Kulturnation Frankreich ins Gespräch zu kommen. Dazu bietet das Festival reichlich Gelegenheit, Regisseure und Schauspieler stellen sich den Fragen des Publikums, und es kommen immer auch viele französische Wahl-Württemberger in die Kinos.

Am Mittwochabend war bereits der mauretanische Filmemacher Abderrahmane Sissako zu Gast bei der Eröffnung am Hauptspielort Tübingen mit „Timbuktu“, einem beeindruckenden Spielfilm über die komplizierte Gemengelage im islamistisch terrorisierten Afrika.

Der Auslöser für ihn sei eine kleine mediale Notiz über eine Steinigung gewesen, sagt Sissako: „Es hat mich erschüttert, dass das der Redaktion nicht mehr wert war.“ Westliche Medien fokussierten ohnehin zu sehr auf zerstörte Kulturgüter und zu wenig auf die menschlichen Opfer. Die von Islamisten unterjochte Stadt Timbuktu habe er gewählt, weil sie zuvor ein Symbol für Multikulturalität und religiöse Aufgeklärtheit gewesen sei. An diesem Sonntag läuft der Film in Stuttgart – unbedingt anschauen!