Papst Franziskus bei seiner Ankunft in Straßburg. Foto: dpa

Papst Franziskus hat die Europäer an ihre Grundwerte erinnert und mehr Menschlichkeit angemahnt. Der Heilige Vater spart nicht mit deutlicher Kritik an Egoismus und Konsumdenken.

Straßburg - Papst Franziskus hat bei einem Besuch des Europaparlaments eine gemeinsame Politik Europas für die Rettung von Flüchtlingen angemahnt. „Man kann nicht hinnehmen, dass das Mittelmeer zu einem großen Friedhof wird“, sagte Franziskus am Dienstag in Straßburg vor den Parlamentariern aus den 28 EU-Ländern. Bisher fehle jedoch eine gegenseitige Hilfe innerhalb der EU, um den Flüchtlingsansturm zu bewältigen.

„Auf den Kähnen, die täglich an den europäischen Küsten landen, sind Männer und Frauen, die Aufnahme und Hilfe brauchen“, betonte Franziskus. Er verband mit diesem Appell eine Rückbesinnung auf die Würde des Menschen. Diese Würde werde durch viele Missstände wie Sklaverei, kriegerische Konflikte und Arbeitslosigkeit verletzt, sagte der Papst vor den Parlamentariern.

Vor dem Hintergrund der Globalisierung und zunehmenden Technisierung der Welt warnte der Heilige Vater Europa davor, seine Seele zu verlieren. Die Zukunft Europas hänge davon ab, den humanistischen Geist wiederzuentdecken, den es doch so liebe, sagte der Argentinier. Die Stunde sei gekommen für ein gemeinsames Europa, das sich nicht um die Wirtschaft drehe, plädierte Franziskus für Solidarität mit Armen und Alten.

„Europa hat es dringend nötig, sein Gesicht wiederzuentdecken, um in Frieden und Eintracht zu wachsen, denn es ist selbst nicht frei von Konflikten“, mahnte der Papst. Die Spannungen hörten nicht auf, weshalb gerade die Suche des Europarates nach politischen Krisenlösungen wichtig und ermutigend sei.

Der Papst forderte den Kontinent vor allem auch dazu auf, sich wieder mehr als Vorreiter in der Welt zu engagieren: „Es ist der Moment gekommen, den Gedanken eines verängstigten und in sich selbst verkrümmten Europas fallen zu lassen.“ Er wandte sich an alle Europäer mit einer Botschaft der Hoffnung und Ermutigung.

„Ein Europa, das seine religiösen Wurzeln nutzen kann, kann leichter immun sein gegen die vielen Extremismen, die sich in der heutigen Welt verbreiten“, warb der Argentinier für eine Rückbesinnung auf den Glauben und seine gesellschaftliche Bedeutung. Die Abgeordneten im Plenarsaal reagierten auf die Rede des Papstes mit langanhaltendem Beifall.

Bei seiner anschließenden Rede vor den 47 Mitgliedsländern des Europarates stellte der Papst die Wahrung des Friedens in den Mittelpunkt. „Der Frieden ist ein Gut, das fortwährend errungen werden muss und das größte Wachsamkeit erfordert“, sagte er im Plenarsaal der Staatenorganisation.

Die Kurzvisite in den europäischen Institutionen war der erste Besuch des Papstes in einem EU-Land außerhalb Italiens. Zuletzt hatte mit Johannes Paul II. vor 26 Jahre ein Papst Straßburg besucht, ein Jahr vor dem Fall der Berliner Mauer. Ein Frankreich-Besuch von Papst Franziskus ist für 2015 geplant.