Von November bis März blühen rund um Toulouse im Südwesten Frankreichs die Veilchen. Foto: Imagebroker

Im Südwesten Frankreichs rund um Toulouse hat Savoir-vivre eine besondere Bedeutung.

Monique Guyard hat eine feine Nase. Die ist ihr Kapital, sozusagen. Monique kreiert Düfte im renommierten Kosmetikunternehmen Berdoues in Cugnaux, einem Vorort von Toulouse. Ihr jüngster Coup: eine moderne Variante des Parfümklassikers "Violettes de Toulouse". Diesen Duft hatte Henri Berdoues, der Sohn des Firmengründers, 1936 für seine Herzensdame komponiert. Das amouröse Geschenk blieb kein Geheimnis und machte schnell Furore. Bis heute werden jährlich etwa 500000 Flakons in alle Welt verkauft. "Das erfolgreichste Produkt unseres Hauses", sagt Monique. Das reine Veilchenaroma stammt übrigens nicht aus den Blüten der zarten Pflanze, sondern aus den Blättern. "1000 Kilo sind nötig, um einen Liter Duftextrakt zu gewinnen", verrät Monique. Ihr Labor mit 400 essenziellen Ölen zeigt sie nach Voranmeldung auch Besuchern.

Veilchen, die seit etwa 1850 rund um Toulouse gezüchtet werden, lassen sich nicht nur mit der Nase genießen. Sie sind auch optisch eine Freude, wenn sie zwischen November und März lilafarben blühen und auf Märkten oder in Blumengeschäften feilgeboten werden. Alljährlich im Februar, diesmal am 5. und 6., steigt die Fête de la Violette, ein Volksfest, bei dem Veilchen auch verkostet werden können: mit Zucker kandiert, als Likör, Konfitüre, Honig, Essig und sogar als Zutat im Senf. Natürlich gibt es auch Läden, die in der knapp 400000 Einwohner zählenden Stadt diese Spezialitäten anbieten. Etwa das Maison de la Violette, ein umgebauter Lastkahn auf dem Canal du Midi, der Toulouse durchfließt. Oder Regals zwischen dem Capitolsplatz und der Basilika Saint Sernin. Dort gibt es Veilchen-Tee und Veilchen-Schokolade.

Die zweite für die Gegend wichtige Pflanze ist Pastel, zu Deutsch Färberwaid. Dem unscheinbar gelb blühenden Gewächs verdankte die Region im Dreieck zwischen Toulouse, Albi und Carcassonne ihren Reichtum im 15. Jahrhundert. Aus den Blättern ließen sich blaue Pigmente gewinnen, die in ganz Europa begehrt waren, um Textilien zu färben. Die prachtvollen Renaissancepaläste aus rosarotem Ziegelstein erinnern an die florierende Zeit der Pastel-Kaufleute.

La Fleurée de Pastel hat heute in einer solchen Residenz in Toulouse sein Domizil. Ein Augenschmaus sind die Blautöne der Schals, Tücher, Kleider oder Tischwäsche. Alles wird in der historischen Färberei Bleu de Lectoure im Thermalbadeort Lectoure nordwestlich von Toulouse nach traditionellen Methoden gefärbt. Dort kann dieser Vorgang auch besichtigt werden. Sogar für Kosmetik lässt sich die Pastel-Pflanze nutzen. Genauer das Öl der Samen, dem von alters her Heilwirkung zugesprochen wird. Thierry Roques tut lieber etwas für das inwendige Wohl der Besucher. Er ist Manager des Weingutes Chateau de Cassaigne westlich der Stadt. "Seit dem 15. Jahrhundert wird hier Armagnac, der älteste Weinbrand Frankreichs, gebrannt." Auf 60 Hektar werden die Rebsorten Ugni Blanc, Colombard und Folle Blanche angebaut.

Die Genießermetropole Toulouse lässt sich leicht zu Fuß erkunden. Viele Sehenswürdigkeiten sammeln sich im Radius von etwa einem Kilometer um die zentrale Place du Capitole. Den schönsten Blick über den Platz hat man von den Arkadencafés auf der gegenüberliegenden Seite. Durch die Rue du Taur kommt man zur Basilika Saint-Sernin. Sie gilt als eines der schönsten romanischen Gotteshäuser der Welt. Über die Rue A. Lautmann und Rue Valade geht es zur Place St. Pierre. Geradezu malerisch ist der Blick über das grüne Wasser der Garonne auf die historischen Brücken. Weiter flaniert man auf den von Platanen gesäumten Hochuferwegen Quai Lucien Lombard und Quai de la Daurade. Eine noch imposantere Residenz ist das Hôtel de Bernuy. Sein Erbauer Jean de Bernuy ließ es mit dem höchsten privaten Turm der Stadt errichten, eine kühne Konstruktion, halb rund, halb achteckig. Dahinter, in der Rue Lakanal, liegt die Klosterkirche Les Jacobins. Unter dem Hochaltar ruhen die Gebeine von Thomas von Aquin, einem Kirchengelehrten des Mittelalters. Über die Rue Romiguières spaziert man wieder auf die Place du Capitole und hat die schönsten Winkel der Stadt gesehen.

Monique Guyard mag nirgendwo anders als hier leben. "Meine Sinne würden verkümmern, woanders." Sie hat eben nicht nur einen guten Riecher.

Toulouse

Anreise
Air France fliegt täglich von Frankfurt über Paris nach Toulouse ( www.airfrance.de).

Übernachten
Mit Blick auf die Garonne logiert man im Hotel des Beaux Arts (www.hoteldesbeauxarts.com). Alle 20 Zimmer des charmanten Hauses sind individuell möbliert. In der dazugehörenden Brasserie Flo gleich um die Ecke schlürfte 1898 schon Henri Matisse seine Austern. DZ ab 110 Euro. Wer im Grand Hôtel de l'Opéra (www.grand-hotel-opera.com) absteigt, residiert gediegen hinter den Mauern eines früheren Klosters, vis-à-vis von Rathaus und Theater. DZ ab 120 Euro. Das Hotel Albert 1er (www.hotel-albert1.com) liegt in einer ruhigen Straße nahe des Capitolsplatzes und war einst das Atelier eines Malers. DZ ab 160 Euro.

Essen und trinken
Regionaltypisches wie das gleichnamige Eintopfgericht gibt es im rustikalen Kellergewölbe des La Cave au Cassoulet (http://caveaucassoulet.chez.com). Feiner geht es zu im Gourmetparadies Les Jardins de l'Opéra (www.lesjardinsdelopera.com). Neben kulinarischen Finessen steht in dem eleganten Wintergarten-Restaurant auch ein spezielles Kindermenü für 16 Euro auf der Karte.

Allgemeine Auskünfte
Französisches Fremdenverkehrsamt "Atout France" (www.franceguide.com).