Im einzigen Hafen der Insel liegen Segelboote und kleine Yachten vor Anker. Foto: Tschepe

Auf der Insel Porquerolles vor Hyères in Südfrankreich sind Autos tabu. Hier entdeckt man noch verwunschene Ecken und menschenleere Strände.

Porquerolles - Wie schön, dass Madame Non damals Erfolg gehabt hat. Porquerolles ist eine märchenhafte Insel geblieben, ohne Bausünden, fast ohne Massentourismus, mit viel unberührter Natur und mit teilweise menschenleeren, karibisch anmutenden Stränden. Claude Pompidou, die Gattin des damaligen französischen Präsidenten, hat sich Anfang der siebziger Jahre beherzt dafür eingesetzt, dass die Insel Porquerolles im Mittelmeer vor Hyères weitgehend unangetastet bleibt. Ohne die Première Dame sähe das Eilend vermutlich längst so aus wie weite Teile der Côte d’Azur: Zugebaut mit Betonklötzen. Zugepflastert mit asphaltierten Straßen. Vollgestopft mit Autos. Aber alles ist anders. Der Staat hat die rund 1250 Hektar kleine Insel gekauft und zum sogenannten Sité Classé erklärt.

Vorbei an ungezählten Yachten

Seither werden kaum mehr Baugenehmigungen erteilt. Ein strahlend schöner Tag. Die Sonne brennt vom Himmel. Im kleinen Hafen von La Tour Fondue strömen die Tagesausflügler auf die „Méditerranée VII“, das Schiff, das gleich ablegen wird zur nur rund viertelstündigen Überfahrt nach Porquerolles. Einer der Passagiere ist ein junger Mann, geschätzt Anfang zwanzig. Er trägt ein schwarzes Hemd, eine schwarze Hose und im Gesicht die Spuren einer vermutlich viel zu kurzen Nacht. Während der Überfahrt zu Madames Lieblingsinsel schaukelt die „Méditerranée“ ganz leicht auf den Wellen. Noch bevor das Schiff anlegt, sehen die Ausflügler auf der näher kommenden Insel Palmen, Wälder und Strände. Dann schieben sich die Fahrgäste, die den Tag auf Porquerolles verbringen wollen, durch den Hafen des einzigen Orts auf dem Inselchen. Vorbei an ungezählten Yachten und hinein in das Dorf, das nur Village heißt. An Spitzentagen im Hochsommer kommen ein paar Tausend Tagesgäste nach Porquerolles.

Aber diese Massen verteilen sich im Nu auf der knapp acht Kilometer langen und etwa drei Kilometer breiten Insel. Autos sind tabu auf Porquerolles, jedenfalls für Touristen. Nur die Einheimischen haben Sondergenehmigungen. Die Besucher spazieren und wandern. Oder sie borgen sich Fahrräder. Die Sonnenanbeter steuern schnurstracks einen der Sandstrände an. An einer der vielen Radverleihstationen im Ortszentrum steht der junge Mann in Schwarz, seinen müden Blick hat er abgelegt. Geschäftstüchtig gibt er ein Velo nachdem anderen heraus. Die Konkurrenz ist groß, an jeder zweiten Straßenecke werden Räder angeboten. Auf Nachfrage rückt der Mann in Schwarz auch noch den einen oder anderen Tipp heraus, sagt zum Beispiel, dass man nur weit genug in Richtung Osten oder Westen der Insel radeln müsse, dann sei man vermutlich fast allein am Strand. Auf der kleinen Mittelmeerinsel können die Touristen erahnen, wie es vor 100 Jahren in Südfrankreich ausgesehen haben dürfte.

Weißer Sand und türkisblaues Wasser

Sandwege und Schotterpisten ziehen sich durch Kiefern- und Pinienwälder. Vögel zwitschern. Am Wegesrand wachsen Wacholder und Rosmarin. Es duftet nach Feigen und außer dem Zirpen der Grillen ist es total still. Verfahren oder verlaufen ist auf Porquerolles kaum möglich. Fast alle Wege führen nämlich zurück zu Village. Der junge Mann in Schwarz hat recht gehabt: Nach kaum einer halben Stunde im Fahrradsattel ist der westlichsten Zipfel der Insel erreicht. Der Plage Blanche du Langoustier besteht aus weißem Sand und türkisblauem Wasser. Nur ein Pärchen ist zu sehen. An einem der Wege steht allerdings ein Schild: „Zutritt verboten, reserviert für die Gäste des Hotels Le Mas de Langoustier“. Das Luxushotel soll ein Geheimtipp sein, sagt man im Dorf. Bewacht ist der Zugang indes nicht, man könnte vermutlich weitergehen bis zur Edelherberge, die versteckt in einem Wäldchen liegt. Ganz ähnlich der Inselosten bei Pointe et Fort de la Galère: kaum eine Menschenseele.

Der Ausflügler ist fast immer allein. Im Inselinneren führt ein supersteiler Anstieg hinauf zum Fort de la Repentance. Eine Eidechse liegt in der Sonne. Es ist brütend heiß. Von hier oben hat man eine tolle Sicht bis hinüber zur Festlandküste und einen grandiosen Überblick über Porquerolles. Tiefblaues Wasser, weiße Sandstände, Weinreben. Auf der Insel gibt es ein paar kleinere Weingüter. Eins davon ist das Domaine Perzinsky, das am Ortsrand von Village schweren Roten und süffigen Weißen verkauft. Einige Tagesgäste schauen, kurz bevor die „Méditerranée“ am Abend zur Rückfahrt nach La Tour Fondue ablegt, im Verkaufsraum vorbei.

Doch mehr als ein paar Flaschen können sie nicht mitnehmen, schließlich sind alle zu Fuß da. Sobald die Ausflugsschiffe weg sind, haben die kaum mehr als 300 Insulaner und jene Urlauber, die in einem Hotel oder in einer Pension abgestiegen sind, Porquerolles für sich allein. Madame Non wäre vermutlich über Nacht geblieben. Claude Pompidou hätte ganz bestimmt immer noch ihre Freude an der Mittelmeerinsel mit dem Karibik-Flair.

Infos zu Porquerolles

Anreise
Von Stuttgart bis an die Côte d’Azur sind es rund 1000 Kilometer, mit dem Auto sollten mindestens zehn Stunden Anreisezeit eingeplant werden. Das Schiff von La Tour Fondue nach Porquerolles fährt mehrmals täglich, im Sommer öfter als im Winter: www.tlv-tvm.com

Unterkunft
Das Luxushotel Le Mas de Langustier kostet pro Person und Nacht ab 150 Euro: www.langoustier.com

Auf der Insel gibt es einige - auch preiswertere - Hotels sowie Pensionen und Ferienwohnungen, die für mehrere Personen deutlich weniger als 100 Euro pro Tag kosten. Weitere Auskünfte beim Touristinfo: www.porquerolles.com

Reisezeit
Die Saison auf Porquerolles beginnt im April und endet im Herbst. Viele Hotels und Restaurants sind im Winter geschlossen. Im Spätherbst, Winter und Frühling geht es auf der Mittelmeerinsel sehr ruhig zu.