Foto: Martin Haug

Martin Haug aus Renningen jagt rosafarbenen Fotos nach und stellt sie ins Internet.

Stuttgart - Betrachten wir's durch die rosarote Brille: Martin Haug aus Renningen jagt rosafarbenen Fotos nach und stellt sie ins Internet. Wie wirkt die Farbe auf Menschen? Ein Selbstversuch.

Die emotionale Kraft von Rosa ist nicht zu unterschätzen. Rosa, erklärt mir ein Psychologe in seinem Weblexikon, macht uns "einfühlsamer und liebevoller". Wer will das nicht mal sein? Vor über vier Jahren hat Martin Haug, Kreativdirektor einer Stuttgarter Agentur, die Leidenschaft gepackt, rosafarbene Fotomotive zu sammeln. "Es ist die Lieblingsfarbe meiner beiden kleinen Töchter", sagt der 45-Jährige am 333-Telefon. Unermüdlich stellt er ein Rosa-Foto nach dem anderen ins Netz unter www.winzgeier.de. Über 1000 Aufnahmen sind es bisher. Er veranstaltet Rosa-Fotowettbewerbe und will "die Begeisterung für Rosa" wecken.

Bei mir ist's ihm gelungen.

Sehr schöne, ja auch skurrile Aufnahmen habe ich bei ihm entdeckt - und war davon so berauscht, dass ich am Abend daheim sofort in meinem Kleiderschrank kramte. Ist da nicht noch ein rosafarbenes Hemd versteckt, das seit Jahren nicht mehr rauskam? Ich hab's gefunden, gebügelt und angezogen - schon war ich fertig für die Media Night von Promifotograf Christof Sage im Römerkastell (siehe Bericht in der gestrigen Ausgabe).

Ist Rosa nicht eine Frauenfarbe? Werden wir Jungs nicht auf Blau geeicht? Aber irgendwann lassen wir das Rosa in uns raus, nicht wahr Herr Bläser? Der Trompeter Walter Scholz, 73, trägt bei Sages großer Promisause ebenfalls Rosa. Und noch etliche andere Männer mit rosafarbenen Krawatten oder Schals hab' ich gesehen. Frl. Wommy Wonder allerdings trägt Blau-Grün. "Im Trend ist die Farbe Gelb", erklärt mir Olymp-Hemden-Seniorchef Eberhard Bezner.

Braucht ein Mann für Rosa Mut?

Man(n) wird anders betrachtet, bilde ich mir ein. Hat mich da hinten nicht eine Bekannte gemustert? Später kommen wir ins Gespräch, und sie erklärt mir, meine langen Haare seien nicht schlecht. Zur Hemdenfarbe Rosa verliert sie kein Wort. Mut, ich will ehrlich sein, beweisen andere. Ein junger Mann kommt mit kurzen Edelhosen und Lackschuhen zur Media Night. Sieht cool aus. Ich will ihn loben für diese gewagte Kleidung, und er antwortet: "Privat würde ich nie so rumlaufen." Er sei Model und von einem großen Kaufhaus für diesen Abend gebucht.

Rosa ist die Farbe des Kitsches und der Schwulen. Ich will nicht behaupten, dass da ein Zusammenhang besteht. Bei Fotofan Haug, dem seine Motive meist zufällig begegnen, löst Rosa Glücksgefühle aus: "Wenn ich ein gutes Rosa-Motiv im Alltag entdecke, ist das für mich so beglückend, wie wenn ich ein vierblättriges Kleeblatt oder einen Glücks-Cent finde." In der Pflanzenwelt wie in der Werbung ist Rosa eine Signalfarbe. Die Farbe soll wohl signalisieren: Hoppla, da ist kein Langweiler! Bei der Sage-Nacht waren so viele Adabeis, dass Rosa da nicht sticht. Rosa hatte mal was Feminines. Längst aber vermischen sich das Weibliche und Männliche. Sehen wir's optimistisch. Stichwort: rosarote Brille. Alles wird gut? Nein, alles wird Rosa.