Lateinunterricht an einer Schule – noch entscheiden sich viele Schüler für die antike Sprache Foto: dpa

Ist Latein noch etwas für Leute von heute? Diese Frage wird gerade wieder neu diskutiert – unter anderem auf einer gemeinsamen Veranstaltung der Stuttgarter Nachrichten mit dem Stuttgarter Eberhard-Ludwigs-Gymnasium am 14. Januar.

Stuttgart - Mit dem Latein am Ende? Diesen Eindruck kann man haben – zumindest in Nordrhein-Westfalen. Dort wird seit Monaten darüber gestritten, ob es noch notwendig ist, Latein zu lernen. Insbesondere, wenn man Gymnasiallehrer werden will. Bisher ist das vorgeschrieben: Geschichts- und Religionslehrer benötigen im Hauptfach das Latinum. Vielfach auch Deutsch-, Französisch- und Spanischlehrer. Englischlehrer müssen häufig Lateinkenntnisse vorweisen. Je nach Bundesland und Universität sind die Vorgaben unterschiedlich.

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In Nordrhein-Westfalen denkt die Landesregierung jetzt darüber nach, den Lateinnachweis für Sprachlehrer abzuschaffen. Ausgangspunkt ist eine Petition von Lehramtsstudenten, in der diese den hohen Zeitaufwand für das Nachholen des Latinums im Studium beklagen. Bei Kultusministerin Sylvia Löhrmann finden sie damit ein offenes Ohr. Die Grünen-Politikerin ist der Auffassung, Latein sei im Lehramt hilfreich, aber nicht unbedingt nötig.

In Nordrhein-Westfalen hat sich daraus eine Diskussion entwickelt, in der es – nicht zum ersten Mal – grundsätzlich um die Sinnhaftigkeit alter Sprachen geht. Die Landtags-CDU vermutet hinter den Überlegungen der Kultusministerin einen Anschlag auf die Bildung. Schließlich lerne man mit Hilfe von Latein das Denken. Die Ministerin konterte: „Man kann aber auch auf Deutsch denken lernen.“

Die öffentliche Diskussion wogt hin und her. Anders in Baden-Württemberg. Hier werden die Argumente über das Für und Wider der alten Sprachen – Altgriechisch einbezogen – eher im Privaten ausgetragen. Ist es noch sinnvoll und der Anstrengung wert, dass Kinder Latein lernen? Was spricht dafür, die Tochter oder den Sohn möglicherweise sogar auf einem altsprachlichen Gymnasium anzumelden, wo Latein bereits ab Klasse fünf unterrichtet wird? Solche Fragen stellen sich die Eltern von Viertklässlern jetzt wieder, denn Ende März erfolgt die Anmeldung für die weiterführende Schule.

Die Position des Kultusministeriums kann man als Ermutigung verstehen, denn das von Minister Andreas Stoch (SPD) geführte Haus steht ohne Wenn und Aber hinter den alten Sprachen: „Die Landesregierung misst den altsprachlichen Fächern nach wie vor eine hohe Bedeutung bei“, teilt das Kultusministerium mit. Latein und Griechisch seien der Schlüssel zur Kultur und Geistesgeschichte Europas. „Vor dem Hintergrund des zusammenwachsenden Kontinents wird das Wissen um die Wurzeln einer gemeinsamen europäischen Kultur immer wichtiger.“

Zugleich verweist das Ministerium auf „stabile Anmeldezahlen“ (siehe Grafik): „Die Situation der alten Sprachen in der Bildungslandschaft des Landes Baden-Württemberg ist unverändert gut.“ Allerdings ging der Anteil der Lateinschüler in den fünften Klassen in den vergangenen Jahren leicht zurück – auf zuletzt 7,9 Prozent. Von Klasse acht an lernen allerdings weiterhin mehr als 30 Prozent aller Gymnasiasten im Land Latein.

„Latein bleibt wichtig.“ Davon ist auch die Rektorin des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums, Karin Winkler, überzeugt. Im kommenden Jahr startet Stuttgarts älteste Schule deshalb eine kleine „Latein-Offensive“ – unter anderem mit Römertagen und Vorträgen. Im Rahmen der Reihe „Forum Bildung“ veranstaltet unsere Zeitung gemeinsam mit dem Eberhard-Ludwigs-Gymnasium am 14. Januar zudem eine prominent besetzte Podiumsdiskussion zum Thema alte Sprachen (siehe Hinweiskasten). Auch Nicht-Lateiner sind willkommen!