Foto der historischen Waldorfschule auf der Uhlandshöhe, die es heute nicht mehr gibt. Foto: StN/Archiv/Belser Verlag

Thema im "Forum Bildung" unserer Zeitung: Sind die Privatschulen besser? Jetzt anmelden.

Stuttgart - Nach den Sommerferien startet in der Stuttgarter Innenstadt eine neue Grundschule. Mit ihren Öffnungszeiten – täglich von 7.30 bis 18 Uhr und Ferienbetreuung – kommt sie den Bedürfnissen vieler Eltern entgegen, die Beruf und Familie vereinbaren und ihre Kinder gut aufgehoben wissen wollen. Neben dem Unterricht stehen Gemeinschaft, Spiel, Sport und Musik auf dem Programm. Innerhalb von einer Woche seien die Plätze für die erste Klasse belegt gewesen, sagt Anke Klein, Geschäftsführerin von Klett Schule und Bildung, dem Träger der neuen Schule. Kein Wunder: Die meisten öffentlichen Grundschulen sind Halbtagsschulen, Hortplätze rar.

Zahl der privaten Grundschulen von 39 auf 94 erhöht

Klett, bisher vor allem bekannt durch Schulbücher und andere Bildungsmedien, ist nur einer von vielen Schulgründern im Land. Seit Jahren steigt die Zahl der privaten Einrichtungen – bei den Grundschulen hat sie sich binnen zehn Jahren von 39 auf 94 erhöht. Im vergangenen Schuljahr gab es landesweit 683 Privatschulen, 2001 waren es 486. Bei den beruflichen Schulen haben vor allem die Gymnasien und Berufskollegs zugelegt. Sie nahmen Schüler auf, die an den öffentlichen Schulen keinen Platz bekamen, weil es zu wenig Klassen gab.

Entsprechend haben sich auch die Schülerzahlen verändert. Während im Schuljahr 2000/01 rund 99.000 Kinder und Jugendliche eine nichtstaatliche Schule besuchten, waren es zehn Jahre später 141 000  Schüler. Im gleichen Zeitraum ging die Zahl der Schüler an öffentlichen Schulen um über rund 65.000 Schüler auf 1,482 Millionen Schüler zurück.

Auch die Waldorfschulen bauten weiter aus, mittlerweile gibt es 56 Schulen in Baden-Württemberg. 1919 hatte der Direktor der Stuttgarter Zigarettenfabrik Waldorf-Astoria den Anthroposophen Rudolf Steiner gebeten, auf der Stuttgarter Uhlandshöhe eine Schule für die Kinder seiner Arbeiter einzurichten. Eltern wählen die Schule vor allem, weil sie Wert auf eine ganzheitliche Erziehung legen, sagt Andre Bartoniczek, Lehrer an der Freien Waldorfschule Uhlandshöhe und Ausbilder. Musik, Gestaltung und Bewegung spielen eine größere Rolle als an den öffentlichen Schulen. Zudem werden dort Kinder unabhängig von ihrer Grundschulempfehlung gemeinsam unterrichtet. Deshalb sind die Wartelisten für Klasse eins und fünf besonders lang.

Kirchliche Schulen mit langer Tradition gefragt

Gefragt sind auch die kirchlichen Schulen, die eine lange Tradition haben. Selbst Eltern, die mit der Institution ansonsten wenig zu tun haben, schicken ihre Kinder gern dorthin. Neben guter Bildung erwarten sie Wertevermittlung.

Der Artikel sieben des Grundgesetzes garantiert das Recht, freie Schulen zu gründen. In den ersten drei Jahren müssen Schulgründer in Baden-Württemberg auf eigene Mittel zurückgreifen. Erst wenn die Schule staatlich anerkannt ist, bekommt sie vom Land Zuschüsse. Über die Höhe streiten sich Schulträger und Land seit Jahrzehnten. Die grün-rote Landesregierung hat sich im Koalitionsvertrag zu den privaten Schulen als „wichtige Ergänzung des öffentlichen Schulwesens“ bekannt und ihnen zugesagt, die Zuschüsse „auf mindestens 80 Prozent der Kosten eines Schülers an einer staatlichen Schule anzuheben“ – wann es so weit sein wird, ist aber völlig offen. Der Verband der Privatschulen bedauerte kürzlich, dass der Wirtschafts- und Finanzausschuss des Landtags einen „verbindlichen Fahrplan zur Anhebung der Finanzhilfe“ abgelehnt hat.

Mehr finanzielle Sicherheit für die Privatschulen wünscht sich auch Manfred Ehringer. Der frühere Leiter des Staatlichen Schulamts Stuttgart hat nach seiner Pensionierung die Seiten gewechselt und zusammen mit Muammar Akin in Bad Cannstatt die Bil-Privatschule aufgebaut. Aus einer Nachhilfeeinrichtung haben sie eine Realschule und ein Gymnasium entwickelt. In diesem Jahr machen die ersten Schüler Abitur. Auch Akin und Ehringer setzten dort an, wo die staatlichen Schulen Lücken haben. Vor allem an den Gymnasien sind Kinder mit Migrationshintergrund bisher deutlich unterrepräsentiert. Zum Ganztagsangebot der Bil-Schule gehören Hausaufgabenbetreuung und bei Bedarf Einzelkurse, damit keiner zurückbleibt. Der Förderverein hat inzwischen über 700 Mitglieder.

So melden Sie sich an, zum "Forum Bildung"

Sind die Privatschulen besser?, heißt das Thema unserer nächsten Veranstaltung in der Reihe "Forum Bildung". Manfred Ehringer, früherer Direktor des Staatlichen Schulamts Stuttgart und Mitbegründer einer Privatschule, und Andre Bartoniczek, Lehrer und Ausbilder an der Freien Waldorfschule Uhlandshöhe, werden befragt von unserer Bildungsredakteurin Maria Wetzel.

Die Veranstaltung findet am 6. März, 19 Uhr, in der Freien Waldorfschule Uhlandshöhe, Haußmannstraße 44, Stuttgart, statt. Der Eintritt ist frei, jedoch eine Einlasskarte nötig. Diese können Sie bestellen unter forumbildung@stn.zgs.de (bitte Adresse angeben). Weitere Informationen: www.stuttgarter-nachrichten.de/thema/forum_bildung