Es gibt viele ältere Leute, die geistig fit sind aber zu wenig Angebote Foto: dpa-Zentralbild

Eine neue Sprachschule arbeitet mit einem Lernkonzept, das speziell für Ältere entwickelt wurde. Es setzt mehr auf das Sprechen als auf grammatikalische Akrobatik.

S-Süd/S-Mitte - In ihren Französischkursen hat Marie-Hélène Nanz ein paar bedrückende Situationen erlebt. Ein junger Mann etwa, der unwirsch reagierte, weil eine ältere Teilnehmerin für seinen Geschmack zu lange brauchte für eine Aufgabe. „Ich habe schlichten müssen.“ Altersmäßig stark gemischte Klassen hat die Sprachlehrerin immer wieder als problematisch erlebt. „Ich habe oft gedacht: Schade, dass man sie nicht trennen kann! Kinder und Erwachsene sitzen doch auch nicht im selben Kurs.“ Unterschiedliche Altersgruppen lernen unterschiedlich, sagt Nanz. „Kinder zum Beispiel lernen intuitiv, Ältere gar nicht.“ Kinder sprechen einfach, weil sie etwas mitteilen wollen. Fehler genieren sie nicht. Erwachsene ticken da komplett anders, meint Nanz. Und Ältere hätten nochmals andere Bedürfnisse und Eigenheiten: Sie brauchen mehr Wiederholungen, mehr Konversation als Grammatik und ein geringeres Tempo, fasst Nanz zusammen.

Man ist nie zu alt

Nach fast 25 Jahren an der Volkshochschule hat die Sprachlehrerin beschlossen, für speziell diese Gruppe Unterricht zu machen. „Es gibt immer mehr ältere Leute, die geistig fit sind. Aber es gibt zu wenig Angebote, die auf sie abgestimmt sind.“ Nächsten Monat eröffnet Nanz nun ihre eigene Sprachschule – zunächst wird nur Englisch unterrichtet.

Bei der VHS weiß man um die unterschiedlichen Ansprüche der verschiedenen Altersgruppen und hat daher schon lange spezielle Angebote für die Klientel 50 plus im Portfolio. Allerdings: Ältere Leute wünschen oft keine Sonderveranstaltung, sie wollen in den „normalen“ Kursen sitzen, mit Menschen unterschiedlichen Alters. Sie begreifen sich als Best-Ager, nicht als altes Eisen. Doch ein Kurs erfüllt für Ältere mehr als nur den Zweck des Lernens, sagt Cornelia Merk von der VHS-Pressestelle: „Ein Kurs schafft auch Struktur im Alltag eines Menschen, der nicht mehr zur Arbeit muss. Er sorgt für soziale Kontakte und er hat eine sinnstiftende Funktion.“

Inklusive Kurse und Kurse für Menschen mit Zeit, die von Älteren gut angenommen würden, erfüllten die Erwartungen, auch sei das Lerntempo moderater als in anderen Kursen. Dabei, so Merk, spiele nicht so sehr das Alter eine Rolle, wichtiger seien die Lernbiografien. „Man ist nie zu alt zum Lernen.“ Aufhören sollte man damit nie, wie Studien belegen: Spätes Lernen stärkt Selbstvertrauen und Wohlbefinden, hält geistig wach und sorgt für mehr sozialen Umgang.

Nanz hat sich das Knowhow bei Seminaren für ihren Sprachunterricht 50 plus bei der „Erfolgreich lernen. Konzepte im Alter GbR“ (Elka) zugelegt. Bundesweit gibt es 130 Elka-Standorte, an denen Franchisenehmer wie Marie-Hélène Nanz nach dem Konzept und mit den Lehrmitteln von Elka unterrichten. Das Unternehmen mit Sitz in Oldenburg existiert seit zehn Jahren. Die Gründer – beide kommen aus dem pädagogischen Bereich – erkannten in dem speziellen Zuschnitt für ältere Sprachschüler eine Marktlücke. „Oft brechen in Sprachkursen ältere Teilnehmer ab. Ihnen ist das zu viel Grammatik“, erläutert Albert Neteler. Der Grundgedanke hinter Elka laute indessen: „Sprechen lernt man nur, indem man spricht.“

Grammatik nur am Rande

Auch Nanz wird das Elka-Programm, von dem sie hell begeistert ist, umsetzen. Acht Monate dauert ein Kurs, unterrichtet wird einmal in der Woche vormittags 90 Minuten lang, zwischen der Doppelstunde gibt es immer eine Kaffeepause. „Hier herrscht eine sehr persönliche Atmosphäre und die Gruppen sind recht klein. Es ist hier einfach ein unkompliziertes Lernen“, sagt Nanz. Grammatik werde „nur am Rande“ behandelt, wichtiger seien Dialoge. „Neue Vokabeln werden durch Zeichnungen eingeführt“, erläutert Nanz.

Zunächst beschränkt sich das Kursangebot auf Englisch für Anfänger. Vom Frühjahr an sind weitere Englischkurse geplant und Französisch kommt hinzu. Dann wird Nanz auch selbst Unterricht geben. Die gebürtige Belgierin lebt seit 24 Jahren in Stuttgart. Die Liebe hat sie seinerzeit unvermittelt hergespült, die deutsche Sprache musste sich die studierte Romanistin vor Ort aneignen. Sie arbeitete bei der Volkshochschule und für verschiedene Unternehmen als Sprachlehrerin. Jetzt wollte Nanz ihr eigenes Ding machen. Anfang November beginnt der erste Sprachkurs in ihrer neuen Schule in Sonnenberg.