Julian Veit (r.) untersucht das Energie-Potenzial von Gemüseabfällen. Dazu gehören auch Versuche an der Uni Hohenheim, die er mit Nicola Haag durchführt. Foto: Claudia Barner

Die Berge an Gemüseabfällen zur Erntezeit auf den Fildern brachten Julian Veit auf eine Idee. Der Student an der Universität Hohenheim erforscht für seine Bachelorarbeit, wie sich aus dem aussortierten Gemüse Energie gewinnen ließe.

Hohenheim - Insgesamt 20 Filder-Landwirte und sechs Sauerkonservenfabrikanten bekommen in den nächsten Tagen Post von Julian Veit. Bisher kennen nicht alle den jungen Mann aus Sielmingen. Doch das wird sich ändern. Mit ihrer Unterstützung will der Hohenheimer Student für seine Bachelorarbeit erforschen, ob sich die Gemüsereste der Betriebe in Sielmingen, Bernhausen und Ostfildern für die Energiegewinnung in einer Biogasanlage nutzen lassen. Julian Veit, der selbst in einem landwirtschaftlichen Betrieb aufwuchs, ist davon überzeugt: „Bisher werden noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft.“

Wer in der Erntezeit auf den Fildern unterwegs ist, der kennt das Bild. Felder, auf denen Reste der Kohlernte, ungenutztes Blattwerk von Salaten oder Gemüse, das für die Weiterverwertung ungeeignet war, ihr schrumpeliges und mitunter anrüchiges Dasein fristen. In der Regel werden die organischen Reststoffe untergemulcht. Ebenso wie jene Teile der Feldfrüchte, die bei der Weiterverarbeitung auf dem Hof übrig geblieben sind. Selbst der Ausschuss aus den Konservenfabriken wandert auf die Felder zurück und wird in die Böden eingearbeitet. „Das ist ein ungeheures Potenzial, das man für die Verwertung in Biogasanlagen erschließen sollte“, lautet der Plan von Julian Veit, der seine Kenntnisse über die Biogasnutzung seit drei Jahren im Studiengang Nachwachsende Rohstoffe/Bioenergie vertieft.

Das Landwirtschaftsamt ist interessiert

Das Problem ist bekannt. Eine überzeugende Lösung gibt es bisher nicht. „Wir haben keine gesicherten Daten, die zeigen, ob und wie die Gemüsereste sinnvoll und wirtschaftlich für die Energiegewinnung genutzt werden können“, sagt Nicola Haag, der die Arbeit von Julian Veit gemeinsam mit dem Biogas-Spezialisten Andreas Lemmer von der Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie Hohenheim betreut. Auch das Landwirtschaftsamt des Landkreises Esslingen ist mit im Boot und hofft auf die Erkenntnisse des Nachwuchs-Forschers aus Sielmingen.

Veit hat den öffentlichen Teil seines Projekts jüngst bei der Felderrundfahrt der Landwirte in Bernhausen gestartet. Da war er dabei und hat sich vorgestellt. In einem zweiten Schritt wird den Betrieben ein fünfseitiger Fragebogen zugesandt, auf dem um gezielte Auskünfte zu den Erntezeiträumen, Fruchtfolgen, den Produktionsabläufen und den verbleibenden Biomasse-Abfällen gebeten wird. Die anonymisierten Antworten sind von zentraler Bedeutung. „Mit der Umfrage wollen wir herausfinden, wann, wie viel und welches Material in welcher Qualität zur Verfügung steht“, sagt Julian Veit. Bisher gibt es dazu keine verlässlichen Erkenntnisse.

Der Student aus Sielmingen hat schon einmal vorgearbeitet und vergangene Woche im Rahmen eines Feldversuches bei vier Filder-Betrieben überprüft, wie viel Biomasseaufwuchs nach der Salaternte zurückgeblieben ist. „Pro Quadratmeter waren es im Durchschnitt 2,2 Kilogramm“, berichtet Veit. Das klingt ganz ordentlich. Doch der Experte weiß: „Für die energetische Nutzung ist nur ein kleiner Teil davon geeignet.“

Salat besteht zu 95 Prozent aus Wasser

Das liegt vor allem am Wasser. Sein Anteil beträgt beispielsweise im Salat 95 Prozent. Auch die Überbleibsel anderer Kulturen müssen zunächst im Labor getrocknet werden, um beurteilen zu können, welches Energie-Potenzial in ihnen schlummert. Im Trockenschrank der Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie schrumpeln daher derzeit Salat- und Kohlblätter sowie Sellerie vor sich hin. Sobald die Feuchtigkeit gewichen ist, wird der Hohenheimer Biogasertragstest durchgeführt. „Erst diese Daten aus dem Modellverfahren sagen uns, wieviel Biogas sich aus dem Substrat gewinnen lässt“, sagt Veit.

Und dann wäre da noch die Frage nach der Technik. Gibt es Verfahren, mit denen Reststoffe von den Feldern geholt werden können? Unter welchen Voraussetzungen lohnt sich eine Anlage, die die organische Trockenmasse in Biogas umwandelt? Und wie müsste diese aussehen? Der Student weiß: Er steht erst ganz am Anfang und wird nicht auf alle Fragen Antworten finden. Aber er kann mit seiner Arbeit die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sie gefunden werden. Sein Betreuer Nicola Haag jedenfalls ist zuversichtlich: „Ich denke, am Ende der Arbeit können wir eine Aussage darüber treffen, ob sich die Gemüserestverwertung auf den Fildern lohnt. Und wir können zeigen, wie teuer ein solcher Prozess werden darf, damit unter dem Strich auch ein wirtschaftlicher Nutzen bleibt.“