Geht entspannt in den Großen Preis von Bahrain: Ferrari-Star Sebastian Vettel Foto: Getty

In Bahrain sind erneut die Augen auf das Duell Mercedes gegen Ferrari gerichtet. Sebastian Vettel plant in der Wüste den nächsten Angriff auf die Silberfeinde Lewis Hamilton und Nico Rosberg.L

Sakhir - „Wenn sie miteinander Probleme haben und einander ins Auto fahren, da hätten wir nichts dagegen – aber wir rechnen nicht damit.“ Sebastian Vettel geht locker und mit der ihm eigenen Prise Humor in den Großen Preis von Bahrain an diesem Sonntag (17 Uhr/RTL). Warum auch nicht? Der Ferrari-Star ist in einer komfortablen Lage.

Einerseits hat er einmal die eigentlich übermächtigen Silberpfeile hinter sich gelassen, andererseits gilt der Hesse bei keinem Grand Prix als Favorit – er kann, muss aber nicht gewinnen. Für die Mercedes-Streithähne Lewis Hamilton und Nico Rosberg kommt das Überholt-Werden einer Degradierung gleich, im internen Wettstreit scheint eine Wiederholung der Spa-Affäre von 2014 wahrscheinlicher, als dass die beiden Arm in Arm durchs Fahrerlager schlendern.

Wenn zwei sich streiten, freut sich der Vettel. Doch der Heppenheimer hat es gar nicht nötig, auf die nächste Episode im Krieg der Sterne zu hoffen. Der viermalige Weltmeister ist selbstbewusst genug, in die eigene Stärke zu vertrauen, denn er fährt ein Auto mit Siegermentalität. Der Ferrari SF 15-T, von Vettel liebevoll Eva getauft, hat das nötige Material, um den Mercedes W06 Hybrid aus dem Formel-1-Paradies vertreiben zu können: ein reifenschonendes Fahrwerk und eine kraftstrotzende, spritsparende Antriebseinheit. „Wir haben bewiesen, dass das Auto bei niedrigen und hohen Temperaturen funktioniert.“

Was im vergangenen Jahr noch wie eine utopische Science-Fiction-Vision klang, ist 2015 Realität geworden. Der Antrieb von Ferrari nimmt es mit dem Referenzprodukt von Mercedes auf. Marcus Ericsson bestätigt diese Vermutung. Vergangene Saison saß der Schwede im Caterham mit Renault-Power, nun lenkt er einen Sauber mit Ferrari-Kraft im Heck. „Das ist ein riesiger Schritt nach vorn“, meint Ericsson. Das Auto ist fahrbarer, es nimmt das Gas sensibler an; zudem dürfte die Leistung auf demselben Niveau liegen wie die etwa 820 PS starke Mercedes-Einheit. Und: Der V6-Turbo aus Maranello ist nicht mehr so durstig – so kommt er mit weniger Sprit über die Runden, als Folge kann mehr Gewicht für ein optimales Set-up im Fahrzeug verteilt werden. „Besonders im Benzinverbrauch ist Ferrari ein großer Fortschritt gelungen“, sagt Ericsson.

Zweiter Vorteil für Vettel: Der Ferrari schont die Reifen besser, der Silberpfeil bekommt vor allem bei heißem Asphalt wie in Malaysia zunehmende Verschleißprobleme – und in Bahrain dürfte es trotz des späten Starts (20 Uhr Ortszeit) wärmer sein als zuletzt in China, wo die beiden Mercedes unangefochten vorausfuhren. „Hoffentlich können wir diesen Trend bei den Reifen fortsetzen“, sagt der Ex-Weltmeister, „dann werden wir die Teams vor uns unter Druck setzen.“ Was zusätzlich für die Roten spricht: Der Streckenbelag auf dem Wüstenkurs ist ziemlich rau und bringt einen stärkeren Abrieb, was dem Silberpfeil nicht schmeckt.

Die Mercedes-Fraktion hat Vettel jedenfalls fest auf der (Strategie-)Rechnung. „Auf diesem Kurs werden wie in Malaysia die Hinterräder stark beansprucht“, sagt Titelverteidiger Lewis Hamilton, „es ist davon auszugehen, dass Ferrari wieder stark aussehen wird.“ Rosberg kann der Startzeit einiges abgewinnen: „Wir haben Glück, dass das Rennen abends stattfindet – das wird uns helfen.“ Die Asphalttemperatur sinkt von über 50 Grad in der Mittagssonne nach Sonnenuntergang auf etwa 30 Grad.

All diese Parameter kennt Sebastian Vettel, der keine überhöhten Erwartungen bei den Ferraristi aufkommen lassen möchte. „Man muss realistisch bleiben. Mercedes hat das stärkste Paket“, sagt er. Aber sollten sich die zwei Silberpfeil-Piloten zu heftig streiten, freut sich garantiert ein Dritter.