Sebastian Vettel feiert seinen ersten Grand-Prix-Sieg mit Ferrari – die Silberpfeil-Piloten Lewis Hamilton (li.) und Nico Rosberg beschäftigen sich mit anderen Dingen Foto: dpa

Michael Schumacher siegte erst im siebten Rennen in Rot, Sebastian Vettel bereits im zweiten. Nicht nur Ferrari jubelt, dieser Erfolg tut der gesamten Formel 1 gut. Das weiß auch Mercedes.

Sepang - „Grazie mille – forza Ferrari!“ Erst jubelte Sebastian Vettel auf Italienisch über seinen ersten Sieg für die Scuderia, später folgte in Hessisch eine ordentliche Portion Genugtuung beim Triumph über den Branchenführer beim Triumph im Großen Preis von Malaysia: „Me hawwe se ferdisch gemachd!“ Und weil die Formel 1 eine internationale Veranstaltung ist, gab der Heppenheimer auch noch brav seine Statements auf Englisch und Deutsch ab – wobei: Die Worte fielen ihm dabei nicht so leicht wie bei vielen seiner 39 Grand-Prix-Siege zuvor. „Im zweiten Rennen für Ferrari ganz oben zu stehen, das ist etwas ganz Besonderes für mich. Da werden mehrere Kindheitsträume wahr“, sagte der 27-Jährige und bekam ziemlich feuchte Augen. „ Das wird mir bis ans Lebensende im Gedächtnis bleiben.“

Es war ein Sieg, der nicht nur beim viermaligen Weltmeister große Emotionen auslöste – das gesamte Team in Sepang, die Mannschaft am Teamsitz in Maranello sowie alle Ferraristi weltweit lagen im Jubeltaumel. Vor knapp zwei Jahren hatte Fernando Alonso am 12. Mai 2013 in Barcelona gewonnen und bis dato zum letzten Mal dafür gesorgt, dass in Maranello die Glocken für einen Ferrari-Erfolg geläutet wurden. „Ja, ich bin wieder ganz cool“, sagte Teamchef Maurizio Arrivabene am Rande der Piste in Malaysia, nachdem er sich ein paar Tränchen aus dem Gesicht gewischt hatte, „ich freue mich für alle, die so hart für diesen Erfolg gearbeitet haben. Sebastian war unglaublich heute. Fantastisch.“

Ferrari vor Mercedes – wer hätte das gedacht? Nur solche, die in roter Bettwäsche mit dem Emblem eines springenden Pferdchens schlafen oder völlig Schimmerlose, die glauben, Bernd Mayländer sei der Erfinder einer Salami-Sorte. Die Entscheidung in Sepang fiel früh, als Safety-Car-Pilot Mayländer in Runde vier auf die Strecke fuhr. Vettel steuert nicht die Box an, die Silberpfeil-Belegschaft Lewis Hamilton und Nico Rosberg jedoch holte sich frische Reifen. So ist das Usus in der Formel 1, worauf Mercedes-Aufsichtsratschef Niki Lauda vermutete, Vettel habe „einen Fehler gemacht“. Von wegen, das Risiko lohnte sich. Der Heppenheimer vergrößerte danach seinen Vorsprung, weil die beiden Mercedes im Verkehr steckten – diesen Rückstand konnten Hamilton und Rosberg nicht mehr wettmachen, weil der Ferrari identische Rundenzeiten hinlegte.

Lauda und Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff bekamen große Augen – sie mussten erkennen, dass sie einen Gegner haben. „Ferrari hat den Sieg verdient“, erkannte Wolff an, „für uns ist das ein Weckruf. Ferrari hat auch strategisch alles richtig gemacht. Wir haben das schon am Freitag gesehen, da hatten wir den ersten Warnschuss.“ War die Überlegenheit der Silbernen im vergangenen Jahr noch so astronomisch, dass nur Defekte, Unfälle oder gröbste Taktikfehler dazu führten, dass kein Stern-Fahrer triumphierte, so hat sich das Kräfteverhältnis verändert. Natürlich bleibt der Silberpfeil das Maß aller Dinge, doch Ferrari hat so weit aufgeholt, dass die Scuderia jeden kleinen Fehler von Mercedes bestrafen kann. „Ferrari hat im Vergleich zu 2014 etwa 1,5 Sekunden gefunden“, meinte Lauda, „und bei Motor und Auto große Verbesserungen erzielt.“

Die Mercedes-Mannschaft nahm die Niederlage sportlich. „Der zweite Platz kann nie enttäuschend sein. Ich habe alles gegeben, wir können nicht immer gewinnen“, meinte Weltmeister Hamilton. Außer den Silberpfeil-Fans dürfte jeder gejubelt haben, der an der Formel 1 hängt – bei Fanschwund, sinkenden TV-Quoten, Streit um technische Details und anderen besorgniserregenden Begleiterscheinungen lieferte der Große Preis von Malaysia ein Zeichen, dass die Serie noch nicht am Ende ist. Da waren Spannung, spektakuläre Duelle, Dreher; also vieles, was Freunde schneller Autos mögen. „Es ist schön für den Sport, einen anderen Sieger zu sehen. Einige Leute müssen ihre Aussagen von nach dem Rennen in Melbourne überdenken“, sagte sogar Hamilton. Und sein Teamkollege Rosberg kündigte in Richtung von Vettel an: „Jetzt ist es ein Kampf, und wir werden zurückschlagen. Das lassen wir mit uns nicht so einfach machen.“

Ein Zweikampf um den Titel zwischen Ferrari und Mercedes, ein Duell der Giganten – etwas Besseres kann einer kriselnden Formel 1 eigentlich gar nicht passieren.