Er hat allen Grund zum Lachen: Lewis Hamilton ist zum zweiten Mal Formel 1- Weltmeister geworden. Foto: EPA

Die Weltmeister-Feier war nicht sehr ausschweifend, Lewis Hamilton scheint nicht mehr der Partylöwe jüngerer Tage zu sein. Mit den Jahren hat er einen Reifeprozess durchschritten – und sein zweiter Formel-1-Titel hat ihn noch ein bisschen erwachsener gemacht.

Abu Dhabi - „Es besteht doch keine Gefahr?“, fragt Lewis Hamilton und setzt eine ängstliche Miene auf. Aus dem Rucksack eines Reportes dringt im Sekundenabstand ein schnarrender Ton. „Nein“, sagt der, hebt entschuldigend die Hand und stellt das Handy auf lautlos. Gelächter im Konferenzraum des noblen Westin-Hotels in Abu Dhabi. Lewis Hamilton ist bestens gelaunt an diesem Montagmorgen kurz nach 9 Uhr, warum auch nicht? Der Mann hat sich gut 14 Stunden zuvor zum König der Formel 1 gekrönt.

Da ist es doch leichteste Regentenpflicht, ein majestätisches Lächeln zur Schau zu tragen. Dem 29 Jahre alten Briten fällt diese Amtshandlung nicht schwer, er hat es bei der Feier nicht übertrieben, behauptet er. „Ich hatte ein Abendessen mit meiner Familie. Wir haben über alte Zeiten gesprochen, wie wir im Wohnwagen an Strecken standen und Nudelsuppe gegessen haben“, erzählt Hamilton, „dann bin ich zur Mercedes-Party rüber. Ich hatte nur einen Drink, um 2.30 Uhr bin ich aufgebrochen – ich fühle mich echt frisch.“ So sieht der Kerl auch aus, im Gegensatz zu Toto Wolff, der etwas zerknittert neben ihm auf dem Podium sitzt.

„Ich hatte zu Beginn einen alkoholfreien Drink“, sagt der Mercedes-Motorsportchef, „dann ging es bis nach 3 Uhr – wir haben nicht den Nachtclub zerstört, dafür aber uns.“ Hamilton ist dagegen völlig intakt. Mal schelmisch, mal charmant, dann wieder seriös und mit ernstem Blick beantwortet er die Fragen der Journalisten. Er referiert über den Unterschied zwischen den Duellen mit Felipe Massa 2008 und Nico Rosberg in dieser Saison. „2008 war ich ein Neuling, da hatte ich kaum Erfahrung und viel mit mir zu kämpfen.“ Er erläutert, warum er am Ende in diesem Jahr vor seinem deutschen Titelrivalen lag. „Wir hatten oft die gleiche Abstimmung beim Auto. Ich habe aus der Zeit an der Strecke das Optimum herausgeholt, bei der Arbeit mit den Ingenieuren. Meine Erfahrung hat sich massiv ausgezahlt.“ Und er erzählt über seine Gefühle nach dem zweiten WM-Triumph im Vergleich zum ersten 2008. „Ich habe das damals noch nicht so sehr schätzen können. Es fühlt sich diesmal einfach süßer an, wohl weil ich älter und erfahrener bin.“

Erfahrung, immer wieder spricht Lewis Hamilton von Erfahrung. Er hat einiges erlebt seit 2008, als er sich mit 23 Jahren gegen Ferrari-Pilot Massa durchsetzte. Doch danach geriet seine Karriere zunehmend aus den Fugen, mal stieß sich Hamilton die Hörner ab, dann irrte er orientierungslos durchs Leben. 2009 wurde er in Australien wegen Täuschung disqualifiziert, er fand nie in den Rhythmus – WM-Platz fünf. 2010 war passabel, doch zwei Kollisionen in Monza und in Singapur beendeten den WM-Traum.

2011 war Lewis Hamilton der böse Bube der Formel 1, wurde „Pisten-Rambo“ genannt. Er beleidigte die Fahrerkollegen Pastor Maldonado und Felipe Massa, mit dem er sich auf der Piste einige Boxauto-Duelle lieferte. Nach der Trennung von Vater Anthony als Manager ließ er auch Freundin Nicole Scherzinger links liegen, schloss sich dem zweifelhaften Manager Simon Fuller an. Die Karriere drohte zu zerbrechen. 2012 hielt er sich merklich zurück, und schließlich lockte ihn Niki Lauda 2013 zu Mercedes. Der Österreicher ordnete Hamiltons Leben neu – Rennfahren ist Nummer eins, Freunde, Partys und Hunde kommen später. Lewis lernte Laudas Lektionen.

Dank seiner neuen Selbstdisziplin und Fokussiertheit, und natürlich auch wegen der Überlegenheit des Silberpfeils, belohnte sich der Brite mit seinem zweiten Titel. Lewis II. ist ein erfahrener König, der nicht so schnell abtreten will. „Den zweiten Titel zu holen, das ist außergewöhnlich“, sagt er, „ich bin ganz sicher noch nicht fertig, will noch stärker zurückkommen.“ Dabei blickt er ernst in die Runde. Die Botschaft hat jeder verstanden, sie war garantiert kein Scherz.