Alphatiere unter sich: Mercedes-Lenker Lewis Hamilton (li.) feiert seinen neunten Saisonerfolg, der russische Staatenlenker Wladimir Putin klatscht. Foto: Getty

Eigentlich wollte Nico Rosberg den Kampf um den Formel-1-Titel noch mal spannend gestalten, ein lächerlicher Defekt stoppte den Mercedes-Piloten. Lewis Hamilton ist so gut wie am Ziel.

Sotschi - Einmal ist immer das erste Mal. So zutreffend diese Erkenntnis sein mag, so wenig tröstlich ist sie. Beispielsweise für Nico Rosberg. „Das ist mir in meiner Formel-1-Karriere noch nie passiert“, stöhnte der Mercedes-Fahrer unendlich enttäuscht noch während des Großen Preises von Russland im Fahrerlager – zur selben Zeit war sein Teamkollege Lewis Hamilton auf der Rennstrecke durch das Zentrum der Winterspiele von 2014 ungefährdet auf dem Weg zu seinem neunten Saisonerfolg im 15. Grand Prix. Und natürlich auf dem Weg in Richtung Titel Nummer drei.

Nico Rosberg jedenfalls war bedient. Da hatte der gebürtige Wiesbadener bei dem Versuch, dem Titelverteidiger im Saisonendspurt noch einmal einen harten Kampf um den WM-Titel zu liefern, eigentlich alles absolut richtig gemacht – er hatte am Samstag die Pole-Position erobert und am Sonntag den Spitzenplatz nach dem Start gegenüber seinem englischen Teamkollegen verteidigt. Doch schon in Runde sieben war es vorbei mit der Spannung für die Formel-1-Fans und mit der Hoffnung für alle Rosberg-Anhänger. Der 30-Jährige ließ seinen Silberpfeil ausrollen und kletterte aus dem Cockpit. „Das Gaspedal ist kaputt“, berichtete er wenig später entgeistert, „das Pedal kam mir immer mehr entgegen – schließlich musste ich das Bein anheben, um vom Gas zu gehen, dann konnte ich aber nicht mehr lenken, weil ich wegen des angehobenen Beins das Lenkrad nicht mehr drehen konnte.“

Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff sprach Rosberg sein Mitleid aus. „Es tut mir leid für Nico“, sagte der Österreicher, „dass er so viel Pech hat. Ein Pfennigteil war die Ursache für seinen Ausfall.“ Ein Dichtring an der Mechanik des Gaspedals war defekt, so dass das Pedal nicht mehr von selbst auf die Nullstellung zurückging. Kleine Ursache, große Wirkung. „Ich hatte mich auf einen Fight mit ihm gefreut“, meinte Lewis Hamilton, „es ist schade, dass wir kein Rennen haben konnten.“ Rosbergs Ausfall war für Mercedes zu verschmerzen. Aufgrund einer Zeitstrafe für Ferrari-Mann Kimi Räikkönen jubelte das Team über den vorzeitigen Gewinn der Konstrukteurs-WM – und es scheint nahezu sicher, dass die Fahrer-WM erneut an Hamilton gehen dürfte.

Hamilton hat 66 Punkte Vorsprung auf Sebastian Vettel, der in Sotschi im Ferrari Platz zwei belegte. Sollte der Titelverteidiger in 14 Tagen in Austin den Großen Preis der USA gewinnen und der Heppenheimer nicht über Platz drei hinauskommen, könnte der Brite in Texas die Korken knallen lassen. Bereits in Russland genoss er das Gefühl, dass ihm Titel Nummer drei unter normalen Umständen nicht mehr zu nehmen sein würde. „Ich bin stolz. Es war ein klasse Rennen und ein klasse Tag. Die letzten Runden habe ich einfach nur genossen, alles in mich aufgesaugt“, erzählte der 30 Jahre alte Engländer: „Wer weiß, wie oft ich in meiner Karriere noch in dieser Situation sein werde?“ Womöglich noch einige Male. Vettel hatte zwar zu keinem Zeitpunkt eine Siegchance, zufrieden war der viermalige Champion trotzdem: „Ein Superergebnis für uns. Ich habe mich pudelwohl gefühlt.“

Immerhin war Nico Rosberg nicht der einzige Fahrer, der sich mächtig ärgerte. Valtteri Bottas dürfte innerlich fuchsteufelswild gewesen sein, wenngleich äußerlich davon fast nichts zu sehen war. Finnen behalten ihre Emotionen meist recht gut für sich. „Es ist schon enttäuschend“, klagte der Williams-Fahrer, „wenn man in der letzten Kurve einen Podiumsplatz verliert.“ Im Duell um Platz drei hatte Räikkönen den Landsmann von der Strecke gerammt und es als „normalen Rennunfall“ abgetan. War es nicht, befanden die Rennkommissare und brummten Räikkönen nachträglich eine 30-Sekunden-Strafe auf. Jedoch brachte dieses Urteil Platz drei für Bottas nicht zurück.