Sebastian Vettel: Feierlichkeiten bei Ferrari nach dem etwas überraschenden Sieg in Sepang Foto: dpa

Vergangene Saison stand nicht einmal ein Ferrari-Fahrer auf dem Podium der Formel 1. Doch mit dem neuen Jahr greifen die Veränderungen im Team, und sie erinnern an Mercedes.

Sepang - „Grazie! Grazie! Grazie!“ So titelte die „Gazzetta dello Sport“. Der Palmsonntag war in Italien ein vorgezogenes Osterfest. Morgens hatte Sebastian Vettel in der Formel 1 in Sepang für einen Ferrari-Sieg nach fast zweijähriger Fastenzeit gesorgt, abends siegte Motorrad-Altmeister Valentino Rossi (36), den manche schon auf dem Altenteil gesehen hatten, in Doha im Moto-GP.

Der Motorsport trägt Grün-Weiß-Rot. Ferrari-Präsident Sergio Marchionne übermittelte seine Glückwünsche, und die Worte ließen seine tiefe Rührung und große Freude über den Erfolg im Malaysia-Grand-Prix spüren: „Im Herzen fühle ich Dankbarkeit für Teamchef Maurizio Arrivabene sowie alle Männer und Frauen der Scuderia.“

Dank eines schnellen Autos und der richtigen Taktik

Ferrari hatte die eigentlich unbezwingbaren Silberpfeile besiegt. Nicht mit Glück, der Weltmeister wurde geschlagen dank eines schnellen Autos und der richtigen Taktik. Der Erfolg, der sich schneller einstellte, als die Roten wohl selbst angenommen hatten, ist das erste für alle Welt sichtbare Resultat einer Umwälzung, die im vergangenen Jahr begonnen hat.

Ferrari hat im Misserfolg einen Weg eingeschlagen, der an den von Mercedes erinnert. In der Saison 2012 war der Silberpfeil ein Mittelklassewagen. Mercedes strukturierte um, der langjährige Motorsportchef Norbert Haug musste gehen, Starpilot Michael Schumacher ebenfalls und viele führende Köpfe. Zwei Jahre später feierte der Rennstall eine triumphale Saison.

Seit Mitte 2014 wurden in Maranello in sämtlichen Hierarchiestufen die Namensschilder von Bürotüren entfernt, Schlüsselpositionen neu besetzt. Neben Chefpilot Fernando Alonso sind Luca di Montezemolo (Präsident), Stefano Domenicali (Teamchef), Marco Mattiacci (noch ein Teamchef) und Luca Marmorini (Motorenchef) nicht mehr in Lohn und Brot.

Sebastian Vettel als neue Speerspitze

„Was in Malaysia sichtbar wurde“, sagte Marchionne, „ist das Resultat unglaublich harter Arbeit.“ Der 62-Jährige ist der neue Präsident, Maurizio Arrivabene der neue Teamchef, Mattia Binotto wurde als Motorenchef eingestellt, James Allison kehrte als Technikdirektor zurück – und als Speerspitze wurde Sebastian Vettel für den roten Renner verpflichtet.

Allison war bereits in der erfolgreichen Schumacher-Ära in Maranello und kennt das Gefühl, beim Branchenführer zu arbeiten. „Es ist meine große Herausforderung – und die des Teams –, wieder Weltmeister bei den Fahrern und bei den Konstrukteuren zu werden“, sagt der Brite selbstbewusst. Zurückgekehrt ist auch Rory Byrne, ebenfalls ein Weggefährte der Schumacher-Ära. Der 71 Jahre alte Südafrikaner hatte sich weitgehend aus der Formel 1 zurückgezogen. „Rory war lange ein wichtiger Teil des Teams“, meint Allison, „seine Zuverlässigkeit, seine Erfahrung, sein Können und sein Enthusiasmus machen es zu einem Vergnügen, mit ihm zu arbeiten.“

Neue Köpfe, neue Ideen. In der Vergangenheit waren sich Experten einig: Die Personalstruktur bremste Ferrari wie ein Mühlstein auf der Hinterachse. Also unterzog sich das Team einer Diät und verschlankte die Struktur. Hierarchien wurden abgebaut, der Rennstall ist beweglicher; die Entscheidungswege sind kürzer und effizienter. „Damit können wichtige Beschlüsse einfacher und schneller getroffen werden“, bemerkt Allison.

Mit Besonnenheit statt Öffentlichkeitswirkung

Als Beispiel geht Präsident Marchionne voran. Anders als Vorgänger Luca di Montezemolo, der gern vor Kameras stand und mitunter über die Medien für Druck sorgte, gilt der ehemalige Fiat-Boss als ruhiger Mann, der seine Kraft in Problemlösungen investiert, anstatt auf Titelseiten zu grüßen. „Jeder in Maranello kennt ihn. Das Team glaubt an ihn“, betonte Arrivabene. Dieser Umgang mit den Mitarbeitern sowie die übrigen Maßnahmen erinnern an das erfolgreiche Mercedes-Muster beim Neustart.

Und noch ein Zeichen zeugt vom neuen Geist – Arrivabene holte die Seinen schnell aus den Wolken zurück. „Wir dürfen jetzt nicht abheben, wir müssen uns weiter an unseren Plan halten“, sagte der Italiener, „ich werde es nicht zulassen, dass wir uns von einem schnellen Erfolg den Kopf verdrehen lassen.“ Schon am Ostersonntag steht das nächste Rennen in Bahrain an.