Im August 2008 fertig gestellt, im April 2013 ein Sanierungsfall: Auf der sechsspurigen A 8 bei Rutesheim zerbröselt der Flüsterasphalt auf einer Strecke von fast einem Kilometer. Foto: Peter Petsch

Mancher Verkehrsteilnehmer reibt sich derzeit auf der A 8 Karlsruhe–Stuttgart bei Rutesheim verwundert die Augen. Die Strecke, 2008 für den Verkehr eröffnet, sieht dort teilweise aus wie eine marode Landstraße im Hinterland. Das Problem heißt Flüsterasphalt. Der bröckelt.

Leonberg - Norbert Streibl wohnt nur ein paar Steinwürfe weit weg von der A 8 im Leonberger Stadtteil Silberberg. Streibl ist einer von denen, die vom sechsspurigen Ausbau der A 8 bis Heimsheim profitieren sollten, weil für 103 Millionen Euro auch Lärmschutzwälle, -wände und Flüsterasphalt an und auf die Strecke kamen. Doch für den promovierten Physiker haben sich „die Hoffnungen nicht erfüllt“. Tatsächlich sei es vor seinem Haus immer noch laut genug, „um nachts aufzuwachen, wenn man mal das Fenster offen lässt“. Der Silberberger ist sogar fest davon überzeugt, dass es lauter zugeht als vor dem Ausbau: „Die Rüttelstrecke produziert zusätzlichen Lärm“, sagt Streibl, der das mit eigenen Messungen bestätigt hat. Außerdem regt er sich „als Bürger darüber auf, dass eine so teure Straße nach so kurzer Zeit wieder kaputt ist“.

Was die Reparaturkosten anbelangt, kann Clemens Homoth-Kuhs Streibl beruhigen. Die Strecke werde ein Garantiefall, sagt der Sprecher des Regierungspräsidiums (RP) Stuttgart. Das Verfahren sei zwar noch nicht abgeschlossen, so Homoth-Kuhs, „wir gehen aber davon aus, dass die zuständige Firma sich sehr substanziell an den Schadensregulierungen beteiligen wird“. Die Sanierung könnte rund 500.000 Euro kosten. Die Frist für die Gewährleistung läuft im Herbst aus, die ersten Schäden auf der A 8 sind schon 2011 offenbar geworden. Inzwischen sei klar, dass die Schäden nicht nur in der Verantwortung der zurückliegenden harten Winter liegen, sagt der Behördensprecher: „Das Material wurde nicht zu hundert Prozent so eingebaut, wie es hätte werden sollen“ – und damit ist die Firma mit im Boot.

Ein Thema ist aber auch die Beschaffenheit des Materials. Der sogenannte offenporige Asphalt (Opa), der im Volksmund als Flüsterasphalt bekannt ist, besteht aus relativ großen Körnern und zu fast einem Drittel aus Hohlräumen, die Reifengeräusche teils regelrecht schlucken. Das Problem: Durch die Löchlein (Poren) kann Wasser eindringen und – wenn es winters friert – Körner ausbrechen, so dass der Flüsterasphalt zerbröselt. Außerdem macht der Schwerlastverkehr mächtig Druck auf die vielen und vergleichsweise großen Hohlräume. Ein 40-Tonner lastet auf dem Asphalt wie 100.000 Pkw, die nacheinander drüberrollen, lautet eine Faustregel der Straßenbauer. Bei Rutesheim passieren täglich im Durchschnitt 12.000 Lastwagen und 83.000 Pkw die A 8. Das ist mehr, als Opa verträgt.

Neuartiger Splittmastix-Asphalt „reduziert Lärm dauerhaft“

„Der offenporige Asphalt wird nur verwendet, wenn der Planfeststellungsbeschluss uns das auferlegt“, sagt RP-Sprecher Homoth-Kuhs und lässt keinen Zweifel daran, dass die Straßenbauexperten das Asphaltgemisch, das die Juristen aus Gründen des Lärmschutzes einfordern, für technisch unzulänglich halten.

Für den Sprecher des Landesministeriums für Verkehr und Infrastruktur drückt sich diese Unzulänglichkeit nicht nur in den hohen Investitionskosten aus, die leicht das Doppelte wie beim Standard-Asphalt betragen. „Die Lärmminderung wird ja auch schnell wieder geringer, wenn der offenporige Asphalt verdichtet ist“, sagt Edgar Neumann. Deshalb hat sich Verkehrsminister Winfried Hermann beim Bund dafür eingesetzt, dass der neuartige Splittmastix-Asphalt, der seit 2011 auf der B 10 zwischen Stuttgart und Uhingen (Kreis Göppingen) getestet wird, möglichst rasch die Zulassung bekommt und überall eingesetzt werden kann. „Er reduziert den Lärm dauerhaft und länger als der offenporige Asphalt, der nur am Anfang gut ist und nach einiger Zeit nachlässt“, sagt Winfried Hermann den Stuttgarter Nachrichten. Solange aber der neue Splittmastix-Asphalt nicht genehmigt sei, werde man den offenporigen weiter verwenden. Hermann: „Für die Lärmminderung ist er eben noch immer besser als herkömmlicher Asphalt.“

Darauf kann Norbert Streibl zurzeit nur hoffen. Die groben Schäden bei Silberberg sollen dieses Jahr geflickt werden. Die Sanierung wird länger auf sich warten lassen.