Die Stadtverwaltung will am Musberger Örlesweg weiterhin Wohnraum für Flüchtlinge mit Bleiberecht bauen. Foto: Natalie Kanter

Der Technische Ausschuss spricht sich nach hitziger Debatte für eine abgespeckte Variante am Musberger Örlesweg aus. Ärger gab es um eine alte E-Mail des Landratsamtes, die den Fraktionen im Vorfeld der Sitzung zugespielt wurde.

Musberg - Das Thema Flüchtlingsunterkunft am Musberger Örlesweg bleibt ein sehr emotionales. Viele Bürger waren allein für diesen Tagesordnungspunkt am Dienstagabend ins Technische Rathauses gekommen. Für Wirbel hat aber auch eine E-Mail gesorgt, welche den Fraktionen vor der Sitzung des Technischen Ausschusses zugespielt worden ist.

Die elektronische Post enthält ein Schreiben des Landratsamtes. Der Kreis nimmt als Untere Naturschutzbehörde darin Stellung zu den Bauplänen am Örlesweg. In dem Brief, der bereits Ende Juni an die Stadtverwaltung geschickt worden war, ist auch von einer Unterkunft für circa 30 Flüchtlinge die Rede.

„Die Zahl 30 ist offenbar die Zahl, die man sich beim Landratsamt vorstellt“, sagte CDU-Stadtrat Hans-Werner Engel dazu. Ilona Koch, CDU- Fraktionsvorsitzende erklärte: „Wir stehen in einem Spannungsfeld. Das ist nicht gut für uns und nicht gut für die Bürger.“ Auch Erich Klauser, SPD-Fraktionschef, übte Kritik am Landkreis.

Baubürgermeisterin Eva Noller sagte: „Es ist nicht Aufgabe der Unteren Naturschutzbehörde zu sagen, wie viele Leute dort untergebracht werden.“ Warum das die Sachbearbeiterin in dem Brief erwähnt habe, wisse sie nicht. Die Amtsleiterin habe sich aber bereits dafür entschuldigt. Der Inhalt des Schreibens sei zudem ein alter. „Wir haben im Anschluss mit dem Kreis mehrere Gespräche geführt“, sagte sie. Nun gelte es einen neuen Bauantrag einzureichen. „Wir haben Signale, dass der Kreis sich dieses Vorhaben nun so vorstellen kann.“

Zum besseren Verständnis: Die Stadtverwaltung will am Örlesweg Platz für Flüchtlinge in der Anschlussunterbringung schaffen. Der im April eingereichte Bauantrag musste aber zurückgenommen werden. Die Naturschutzbehörde hatte Bedenken angemeldet. Das Problem: Das Grundstück grenzt an ein geschütztes Biotop und an ein Landschaftsschutzgebiet.

„Ein Gebäudepunkt war zu nah an der Böschung und zu nah am Biotop“, erklärte Noller am Dienstag. Die Unterkunft soll nun kleiner werden, nur noch ein Gebäude umfassen und nach maximal zwölf Jahren wieder abgebaut werden. Die Verwaltung wollte dort 72 Menschen unterbringen. Nun ist Platz für bis 63 Flüchtlinge.

Zurück zu den Emotionen: Die Mandatsträger ärgerten sich über den Landkreis, der den Städten die Flüchtlinge zuweise, aber dann Vorgaben zur Anzahl der Menschen in den Unterkünften mache. Zumal die Untere Naturschutzbehörde dafür gar nicht zuständig sei. Wie zu erfahren war, richtete sich die Kritik auch gegen die Verwaltungsspitze. Denn die Fraktionen kannten das Dokument bisher nicht. Und das obwohl der Gemeinderat – und nicht die Verwaltung – Herr des Verfahrens sei.

Peter Keck, Sprecher des Landratsamtes und damit auch der Unteren Naturschutzbehörde, sagte unserer Zeitung am Mittwoch auf Nachfrage: „Uns ist es vollkommen egal, wie viele Menschen in der Unterkunft wohnen werden. Uns geht es allein darum, dass die Belange des Landschafts- und Naturschutzes bei der Planung berücksichtigt werden.“ Die Personenzahl 30 wurde dem Kreis von der Stadtverwaltung einst bei einer Standort-Voruntersuchung genannt. Diese Zahl tauche deshalb als reine Bezugsgröße in dem Schreiben erneut auf.

Der Ausschuss hat sich am Dienstag bei zwei Enthaltungen dennoch für den abgespeckten Verwaltungsvorschlag ausgesprochen. „Weil uns gar nichts anderes übrig bleibt“, wie Erich Klauser erklärte. Das letzte Wort hat das Vollgremium des Gemeinderates. Machen die Fraktionen Anfang Oktober den Weg für einen erneuten Bauantrag frei, werden die Anwohner dazu gehört. Auch die Untere Naturschutzbehörde wird das Ganze erneut prüfen. Gibt es Einwände, gehen diese an das Regierungspräsidium. „Sollte gegen die Baugenehmigung Widerspruch eingelegt werden, hat dies keine aufschiebende Wirkung“, hieß es seitens der Verwaltung.