In den Flüchtlingsunterkünften wollen die meisten nur vorübergehend leben, die Bedingungen sind schlecht – vor allem für Kinder. Foto: dpa

Hanan Tafnakji ist mit ihren drei Kindern aus Syrien geflohen. Sie lebt nun in der Unterkunft an der Böblinger Straße.

S-Süd - Richtig zu Ende ist ihre Reise noch nicht. Die Syrerin Hanan Tafnakji ist zwar mit ihren drei kleinen Kindern im Stuttgarter Süden angekommen. Die zierliche, knapp 1,65-Meter große Frau lebt aber zunächst in der Flüchtlingsunterkunft an der Böblinger Straße 18, die es seit September letzten Jahres gibt.

Zwölf Parteien wohnen auf Tafnakjis Stock, sie ist die einzige Araberin. Einfach ist das nicht. Bad und Küche teilt sich Tafnakji mit den anderen. Beschweren will sich die Syrerin über die Bedingungen nicht. „Ich bin sehr dankbar für das, was wir hier haben“, sagt sie auf Arabisch. Deutsch spricht sie nicht, das Gespräch übersetzt die Stuttgarterin und gebürtige Palästinenserin Jasmin Srouji.

Bad und Küche teilen sich zwölf Parteien

Was Tafnakji einerseits Sorgen macht, sind die schlechten hygienischen Bedingungen in der Unterkunft. „Für meine Kleinste ist das nichts“, sagt sie. Sie bringe ihre Kinder deshalb immer zum Baden nach Bad Cannstatt zum Bruder ihres Mannes. Und andererseits wünscht sich die 36-Jährige, die mit Jeans und Rollkragenpullover westlich gekleidet ist und nur ein schlichtes schwarzes Stirnband trägt, endlich wieder ein Zuhause. Die Unterkunft ist nicht mehr als ein Provisorium. Das Appartement, das sie mit den drei Kindern teilt, misst knapp vier mal fünf Meter. Die Kinder sitzen brav auf dem Bett, spielen mit dem Handy. Tafnakjis fünfjähriger Sohn stellt sich persönlich vor. Er reicht die Hand, sagt „Merhaba“ und lacht. Draußen spielen können die Kinder nicht. „Das ist mir zu gefährlich wegen der Straße“, sagt Tafnakji.

Ihr Ehemann Mohamad Rahma Ekke wohnt in Bad Cannstatt. Im Gegensatz zu seiner Frau hatte er das Glück, über seinen Bruder ein Visum zu bekommen. Für Hanan Tafnakji und die Kinder hat das Geld aber nicht mehr gereicht. Gemeinsam verließ die Familie die Heimatstadt in Syrien, auf der Flucht trennten sich ihre Wege zwangsweise. Das jüngste Kind war erst wenige Wochen alt. Rahma Ekke flog direkt nach Deutschland, Tafnakji reiste mit den drei Kindern zunächst in die Türkei, dann nach Bulgarien – teilweise war sie zu Fuß unterwegs. Zweimal wurde sie an der türkisch-bulgarischen Grenze aufgegriffen und zurückgeschickt, beim dritten Mal klappte es. Allerdings wurde sie in Bulgarien verhaftet. Zu ihren Erlebnissen äußert Tafnakji sich knapp: „Das Gefängnis war eine schwierige Umgebung für die Kinder.“ Nach knapp drei Wochen durften sie in ein Flüchtlingslager umziehen. Es kam zum Prozess, nach langem Hin und Her waren sie frei. Irgendwo habe sie einen Bus nach Deutschland abfahren sehen und entschied sich, mit ihren Kindern einzusteigen, erinnert sich Tafnakji. In Stuttgart angekommen, kehrte keine Ruhe ein. „Wir hatten ein bürokratisches Desaster“, erzählt Rahma Ekke. Er glaubt, seine Frau hätte nach Bulgarien zurück müssen, um dort ein Visum zu beantragen. Inzwischen hat sich alles geklärt, Tafnakji und die Kinder dürfen bleiben.

Alle zusammen in einer Wohnung wäre das schönste

Für ihr neues Leben sind sie dankbar, sagt Rahma Ekke. Er habe sogar einen Job auf einer Baustelle gefunden. Die Kollegen helfen ihm, wo sie können. Auch wenn er seine Heimat verloren, alles Hab und Gut zurückgelassen habe, wolle er sich nicht beschweren, sagt der 37-Jährige. In Syrien habe seine Familie unter dem Krieg gelitten, die Islamisten haben ihnen Angst gemacht. Nach allem, was sie durchgemacht haben, sehnen sie sich nach Ruhe. „Wir würden uns einfach nur wünschen, dass wir alle wieder zusammen sind“, sagt er. Die Wohnungsmarktsituation und ihre fehlenden Deutschkenntnisse machen dies jedoch schwierig.