Der Esslinger Landrat Heinz Eininger Foto: Kovalenko

Der Landkreis und die Stadt Esslingen schwören die Bevölkerung auf den Ansturm von Asylsuchenden ein.

Esslingen - Es kommt nicht häufig vor, dass der Landrat Heinz Eininger und der Esslinger OB Jürgen Zieger gemeinsam vor die Presse gehen. Doch der in den vergangenen Monaten extrem gestiegene Druck, der auf den politisch Verantwortlichen in der Asylfrage lastet, schweißt zusammen. Natürlich gibt es in Details unterschiedliche Auffassungen etwa darüber, wer was zu bezahlen hat. Aber: „Die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen sowohl in der vorläufigen Unterbringung als auch in der Anschlussunterbringung ist eine Herausforderung, die die Kommunen und der Landkreis nur gemeinsam schultern können“, erklärten Eininger und Zieger übereinstimmend.

Die schon jetzt erwarteten Zuweisungen sorgen nicht nur beim Esslinger Landrat für Sorgenfalten. Dank eines Kraftakts werde es zwar gelingen, bis Jahresende 1200 weitere Plätze für Flüchtlinge zu schaffen. Dann stehen im Kreis 3200 Unterkunftsmöglichkeiten zur Verfügung. Das sei angesichts der nur begrenzten Flächen ein gutes Ergebnis, so Eininger. Wenn der Flüchtlingsstrom aber anhalte – und davon müsse man ausgehen –, werden diese Plätze bei weitem nicht reichen.

Momentan gehe er davon aus, dass der Kreis im kommenden Jahr 6000 bis 6500 Plätze zur Verfügung stellen müsse. Selbst wenn 2016 weitere rund 750 Unterkunftsmöglichkeiten realisiert werden, komme man nicht darum herum, Notunterkünfte in Containern und Gewerbehallen zu nutzen. Zudem prüfe er die Möglichkeit, winterfeste Zelte und Traglufthallen anzumieten oder zu kaufen, die dann kurzfristig aufgebaut werden könnten. Heinz Eininger: „Solche Notunterkünfte werden gegebenenfalls notwendig. Sie können aber nur das letzte Mittel sein, um den Flüchtlingen ein Dach über dem Kopf zu bieten.“

"Wir können in Esslingen nicht das Armutsproblem der Welt lösen"

Am 25. September will der Landrat bei einem Runden Tisch mit Vertretern aller Kommunen, des Kreistags und der Kirchen die Situation erörtern. Bis dahin sollen alle Städte und Gemeinden weitere Grundstücke zur Unterbringung der Flüchtlinge zur Verfügung stellen. Noch gebe es einige Kommunen, die überhaupt keine Asylsuchenden aufgenommen hätten, sagte Eininger. Das müsse und werde sich ändern. Auch in Esslingen wird der Bedarf an Unterkünften wachsen. Zum einen werde man die beim Asylgipfel des Landes vereinbarte Reduzierung des benötigten Wohnraums pro Flüchtling auf 4,5 Quadratmeter dazu nutzen, in den bereits geplanten und im Bau befindlichen Unterkünften mehr als die zunächst geplanten 70 Asylsuchenden unterzubringen. Zum anderen sollten sich, so Jürgen Zieger, alle sieben Bürgerausschussbezirke der Stadt darauf einstellen, eine zweite Unterkunft auf ihrem Gebiet aufnehmen zu müssen.

Für den sozialen Frieden, so Zieger, sei es aber ebenso wichtig, dass all diejenigen Asylbewerber, die keine Chance auf Anerkennung hätten, zeitnah in ihre Heimat abgeschoben werden. Zieger: „Wir haben gewiss eine humanitäre Aufgabe, den Menschen in Not zu helfen. Wir können aber in Esslingen nicht das Armutsproblem der Welt lösen.“

Während sich Kreis und Stadt bei der sozialen Betreuung der Flüchtlinge auf dem richtigen Weg wähnen und zahlreiche Betreuungsinitiativen koordinieren und unterstützen, bereitet die medizinische Versorgung Probleme. Viele Hausarztpraxen, so Eininger, seien mit dieser Aufgabe überfordert. Deshalb prüfe der Kreis mit dem Roten Kreuz, ob man eine mobile Arztpraxis einrichten und zu den Asylunterkünften schicken könne.