Auch Kinder aus Flüchtlingsfamilien haben ein Recht auf Betreuung. Vielen Kommunen fehlen jedoch die nötigen Plätze. Foto: dpa

Das Angebot an Betreuungsplätzen war schon vor der Flüchtlingskrise vielerorts knapp. Nun müssen die Kommunen im Kreis Ludwigsburg auch Plätze für Flüchtlingskinder bereitstellen – und wissen meist erst kurz vorher, wie hoch der Bedarf ist.

Kreis Ludwigsburg - Kindergartenplätze sind vielerorts knapp. Das galt schon, bevor die vielen Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind. Nun stehen die Kommunen vor der Herausforderung, auch für deren Kinder Plätze bereitzustellen. Das große Problem ist dabei die mangelnde Planungssicherheit: Häufig werden die Asylbewerber den Städten und Gemeinden sehr kurzfristig zugewiesen, weshalb die Kommunen vorab nicht wissen, wie viele Plätze dereinst benötigt werden.

Die Gemeinde Hemmingen hat eine solche Zuweisung durch das Landratsamt vor Kurzem vor Probleme gestellt. Zu den Familien, die die Behörde der Gemeinde zugeteilt hatte, gehörten auch 16 Kinder, die noch keine sechs Jahre alt sind – und damit im Kindergartenalter. Die Verwaltung war erbost und wandte sich schriftlich an das Amt. Denn „wir hatten abgesprochen, dass wir in Bezug auf Kindergartenplätze nicht so flexibel sind im Moment“, sagt der Bürgermeister Thomas Schäfer.

Temporäre Überbelegung in Kindergärten

„Wir versuchen selbstverständlich, soweit wie möglich auf die Wünsche der Gemeinden Rücksicht zu nehmen“, teilt die Pressesprecherin des Landratsamts, Annegret Kornmann, auf Nachfrage mit – auch wenn sie zum konkreten Fall keine Stellung nehmen will, bis die Kommune eine direkte Antwort vom Amt erhalten hat. Aber auch das Landratsamt wisse erst spät, welche Personen unterzubringen sind: „Die Information über die Zusammensetzung der Familien erfolgt immer sehr kurzfristig durch das Land.“

Zwar müssten die Flüchtlingskinder nicht betreut werden, wenn zumindest ein Elternteil zuhause ist. Der Bürgermeister hält Kindergartenplätze aber trotzdem für sehr wichtig – für die Integration. „Es ist auch wichtig, dass die Kinder mal rauskommen“, sagt Schäfer. Für alle Kinder ab drei Jahren hat die Gemeinde nun einen Platz beschaffen können – durch eine temporäre Überbelegung von bestehenden Gruppen. Für die jüngeren Kinder soll eine Spielgruppein der Kreisunterkunft in der Patronatstraße eingerichtet werden.

In Bedarfsplanung ausgeklammert

In die Bedarfsplanung hatte Hemmingen Flüchtlingskinder nicht mit einbezogen. „Wir konnten nicht einschätzen, wie viele kommen“, sagt Bürgermeister Thomas Schäfer. Die Gemeinde baut demnächst zwar zwei weitere Kindergärten, aber der Bürgermeister wagt keine Prognose, ob damit mehr Flexibilität für Flüchtlingskinder geschaffen wird: „Das wäre der Blick in die Kristallkugel.“

Die Situation in Hemmingen, sagt Kornmann vom Landratsamt, stelle bislang eine Ausnahme dar. „Bisher konnten wir bereits im Vorfeld auf die Situation in den Gemeinden reagieren.“ Doch auch in anderen Kommunen gibt es zum Teil Probleme. Die Lage in Korntal-Münchingen ist laut Jörg Henschke, dem Sachgebietsleiter für den Bereich Kinder, Jugend, Senioren und Soziales ebenfalls angespannt. Aber: „Bisher war es in der Regel möglich, zumindest ein Teilzeitangebot zu machen.“ Drei Kinder bekommen erst im Herbst einen Platz.

Nachfrage könnte sich bald erhöhen

Auch in Gerlingen mangelt es an Betreuungsplätzen für Flüchtlingskinder. „Uns fehlt das Personal“, erklärt Martina Lautner von der städtischen Kindergarten-Fachberatung. In drei Einrichtungen sind derzeit etwa ein Dutzend Flüchtlingskinder untergebracht.

Die Großen Kreisstädte im Landkreis, Vaihingen/Enz, Remseck und Bietigheim-Bissingen, haben nach eigenen Angaben keine Probleme, die Flüchtlingskinder in ihren Einrichtungen unterzubringen. Die Kinder, in der Regel zwischen zehn und 15 pro Stadt, seien in bestehenden Gruppen untergekommen, meist sogar wie vorgesehen in einer Einrichtung in der Nähe des Wohnorts, wie es heißt.

Eigene Kita-Gruppe für Flüchtlingskinder in Ludwigsburg

Eine Ausnahme ist Ludwigsburg. Hier sind in den vergangenen anderthalb Jahren 122 Flüchtlingskinder im Alter von null bis sechs Jahren angekommen. Dass liegt daran, dass es in Ludwigsburg in Grünbühl eine große Flüchtlingsunterkunft speziell für Familien gibt und der Kreis diese daher bevorzugt Ludwigsburg zuweist. Während es bei Kindern unter drei Jahren kaum Anmeldungen gebe, seien 35 der 52 Kinder zwischen drei und sechs Jahren in Einrichtungen der Stadt untergekommen, sagt Renate Schmetz, die Leiterin des Fachbereichs Bildung und Familie. „In der Regel geschieht das als Überhang in bestehenden Gruppen“, sagt sie. Eine weitere Besonderheit in Ludwigsburg: es gibt eine eigene Gruppe nur mit Flüchtlingskindern im Kinder- und Familienzentrum des Mehrgenerationenhauses in Grünbühl. Hier werden aktuell acht Kinder betreut. Die Stadt hat für deren Betreuung eigens 1,3 Stellen zusätzlich geschaffen.

Bislang, davon geht man beim Kommunalverband Jugend und Soziales aus, hat sich der Zuzug der Flüchtlinge „noch nicht gravierend“ auf die Lage in den Kindergärten ausgewirkt. „Es ist überwiegend gelungen, die Kinder in bestehenden Einrichtungen unterzubringen“, sagt die Pressesprecherin Kristina Reisinger. Gleichzeitig rechnet der Verband damit, dass viele Familien schlicht keinen Bedarf angemeldet haben – und dass sich das, bei längerem Aufenthalt, bald ändern könnte. Ein Kitabesuch ist nach Ansicht des Verbands für die Integration sehr wichtig – sowohl in sozialer Hinsicht als auch sprachlich.

Anspruch auf Betreuung

Recht –
Auch für Flüchtlingskinder gibt es einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Strittig ist laut dem Kommunalverband Jugend und Soziales jedoch, ab wann dieser besteht. Generell gilt er für Kinder, die mindestens ein Jahr alt sind.

Zeitpunkt –
Ob der Anspruch bei Flüchtlingskindern schon in der Erstaufnahme oder erst in der Anschlussunterbringung gilt, ist umstritten. Das Ziel der neuen Landesregierung ist es, dass Plätze spätestens vier Wochen nach Ankunft in der Anschlussunterbringung angeboten werden können.