Die Helferin ist sprachlos angesichts der großen Spendenbereitschaft. Foto: Natalie Kanter

Conny Schwarz aus Leinfelden-Echterdingen wird im Juli im türkischen Çesme aus Spenden finanzierte Lebensmittel und Medikamente an Flüchtlinge verteilen.

Leinfelden-Echterdingen - Angefangen hat alles mit einem Familienurlaub auf Kos. Conny Schwarz wollte im Spätsommer 2015 ein paar schöne Tage mit ihrem Mann und ihren drei Kindern verbringen. Die Familie aus Oberaichen aber konnte sich dem Flüchtlingsdrama, das sich auf der griechischen Insel abspielte, nicht einfach so entziehen. Bekanntlich war und ist Kos aufgrund der Nähe zur türkischen Küste ein bedeutendes Ziel von Migranten, die versuchen mit dem Boot von der Türkei nach Griechenland und damit nach Europa zu gelangen.

Die Familie hat damals auch einen Tagesausflug nach Bodrum in der Türkei unternommen – mit einem Touristenboot. Ein Tag später wurde am Strand des Ortes ein Flüchtlingsjunge tot aufgefunden. Der Dreijährige war auf dem Weg zwischen Kos und Bodrum ertrunken. Das Bild von dem toten Jungen ging um die Welt.

Ein Ereginis hat ihr Leben verändert

Auch Conny Schwarz kennt das Foto nur aus den Medien. Dennoch hat dieses Ereignis ihr Leben verändert. „Ich habe ein Kind im gleichen Alter“, sagt sie. Von diesem Zeitpunkt an, wusste sie, dass sie helfen will – nicht aus politischen, sondern aus humanistischen Gründen. Die selbstständige Journalistin gehört zum Leitungsteam des Arbeitskreises Asyl in Leinfelden-Echterdingen, besucht regelmäßig die Flüchtlingsunterkünfte vor Ort – beispielsweise auf dem Echterdinger Renault-Gelände. Dennoch sagt sie: „Es reicht nicht, nur bei uns etwas zu tun.“

Foto: Michael Steinert
Im Internet ist sie auf die Gruppe „Balkan Route Stuttgart“ gestoßen. Mittlerweile hat sie die Leute kennengelernt, die beispielsweise einfach mit einem Bus losgefahren sind, um Wasser an die Flüchtlinge zu verteilen, die auf der Balkan-Route unterwegs waren, bevor diese geschlossen wurde. „Das sind Macher und keine Bedenkenträger“, sagt sie. Das gefällt ihr.

Arbeiten auch in inoffiziellen Camps

Anfang Juli wird Conny Schwarz im Namen dieser Gruppe und gemeinsam mit einem Paar aus Reutlingen – in den Flieger steigen und ins türkische Çesme reisen. In dem Ort, der etwa 80 Kilometer westlich von Izmir liegt, wollen die drei in offiziellen und auch in nichtoffiziellen Flüchtlingscamps Wasser, Brot, Windeln, Medikamente und andere Dinge des täglichen Bedarfs verteilen.

Die Journalistin hat für dieses Projekt via Internet Spenden gesammelt. Es sind mehr als 5000 Euro zusammengekommen. „Mir fehlen selten die Worte“, sagt sie. Nun aber sei sie schlichtweg überwältigt von der Spendenbereitschaft der Menschen. Ein Mann hat einfach so 1000 Euro gegeben, andere 20 Euro oder auch einen Euro. „Bereits nach vier Tagen war das Spendenziel erreicht“, sagt sie. Die Flüchtlingshelferin will dafür sorgen, dass alle Spenden bei den Flüchtlingen – auf den Cent genau – ankommen. „Jeder einzelne Euro wird direkt vor Ort zum Einsatz kommen“, sagt sie.

Zahn Tage vor Ort

Zehn Tage lang wird sie versuchen, die Not der Flüchtlinge etwas zu lindern. Die „Balkan Route Stuttgart“ wird dort mit der Hilfsorganisation „Imece Inisiyatifi Çesme“ zusammenarbeiten. Ziel ist es, auch jenen Menschen zu helfen, die auf ihrer Flucht nach Europa abgefangen und in die Türkei zurückgebracht wurden. „Ihr ganzes Geld ist weg. Diese Leute haben gar nichts mehr“, sagt Conny Schwarz.

Sie hat Respekt vor der Reise. Und zwar nicht deshalb, weil ihr etwas zustoßen könnte. „Ich habe Angst vor den Bildern im Kopf“, sagt sie. Denn manches Erlebte wird haften bleiben. Sie hat Angst vor dem Heimkommen, vor einer Parallelwelt, in der sie sich dann wieder zurechtfinden muss. Die mehrfache Mutter war auch noch nie so viele Tage getrennt von ihren Kindern. Der Vater wird sich allein um den Nachwuchs kümmern, bis sie zurück ist. Conny Schwarz ist aber auch überzeugt davon, dass sie ihren Kindern mit dieser Aktion auch etwas vorleben kann.

Kontakt
Conny Schwarz ist unter der Adresse cos@schwarztexte.com zu erreichen. Die Journalistin wird für unsere Zeitung live aus Çesme berichten.