Der Leitfaden für den Umgang mit Flüchtlingen von Staatsrätin Gisela Erler sorgt für Unverständnis Foto: dpa

Grünen-Staatsrätin Gisela Erler hat einen Leitfaden für den Umgang mit Flüchtlingen herausgebracht – und zieht damit den Ärger der Opposition und der Kommunen auf sich.

Stuttgart - Die Broschüre war gut gemeint, nun aber sorgt der Leitfaden von Grünen-Staatsrätin Gisela Erler für den Umgang mit Flüchtlingen in der Landespolitik und bei Kommunen für Ärger. Der CDU-Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidat zur Landtagswahl, Guido Wolf, hat am Montag das Staatsministerium aufgefordert, „die Broschüre aus dem Verkehr zu ziehen“. Wolf sagte den Stuttgarter Nachrichten, das Papier sei „ziemlich einmalig“, denn „die Landesregierung ruft darin zum zivilen Ungehorsam gegen sich selbst auf“.

Staatsrätin Erler verweist darin auf die Möglichkeit des Kirchenasyls, wenn rechtsstaatliche Möglichkeiten für Asylbewerber ausgeschöpft sind. Aus Wolfs Sicht ist das nicht hinnehmbar: „Sie stellt also als Mitglied der Landesregierung das Handeln der eigenen Beamten infrage und arbeitet sogar gegen die eigenen Leute.“

Ähnlich verwundert zeigte sich am Montag auch FDP-Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke. „Ich finde es sehr verwunderlich, dass es von einem Regierungsmitglied Handreichungen gibt, wie man eine Abschiebung verhindern kann.“ Dies sei nicht akzeptabel, „passt aber ins Bild der grün-roten Landesregierung und ist kein Zufall“, so der FDP-Vormann. Immerhin sei Grün-Rot bei der Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern sehr passiv.

Während im Jahr 2010 rund 5000 Flüchtlinge im Land gelebt hätten und 800 Personen abgeschoben worden seien, müsse man nach den Prognosen ja damit rechnen, dass dieses Jahr 100 000 Flüchtlinge hierherkommen und um Asyl bitten, bisher habe das Land aber nur 1644 Menschen abgeschoben. „Das steht doch in keinem Verhältnis“, kritisierte Rülke und kündigte an, das umstrittene Thema der Einrichtung von Transitzonen an den Grenzen, aber auch die Broschüre nächsten Donnerstag im Rahmen einer aktuellen Debatte im Landtag aufzurufen. „Es kann nicht sein, dass die Landesregierung mit einer solchen Broschüre Leuten hilft, ihre Abschiebung zu verhindern.“

Auch in vielen Kommunen und Landratsämtern herrscht Kopfschütteln über das Erler-Papier aus der Regierungszentrale von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). „Auf der einen Seite wissen wir kaum noch, wie wir die Leute unterbringen sollen, und auf der anderen Seite geben die Grünen den abgelehnten Asylbewerbern Tipps, wie sie länger hier bleiben können. Das geht so nicht“, heißt es aus dem Landkreistag und Gemeindetag.

In dem Handbuch mit dem Titel „Willkommen!“ erhalten die ehrenamtlichen Helfer zahlreiche Ratschläge zum Umgang mit den Flüchtlingen, zur finanziellen Unterstützung, zum Familiennachzug, zur Wohnungssuche und zu Gesundheitslösungen, aber eben auch zu der Frage: „Welche Möglichkeiten gibt es, wenn der Asylantrag abgelehnt wird?“ Dabei informiert Grünen-Politikerin Erler über die Möglichkeiten von Gerichtsklagen, das Kirchenasyl und andere Wege des Abschiebe-Aufschubs.