In der Fildertafel bekommen Flüchtlinge günstig Lebensmittel. Foto: Lichtgut/Horst Rudel

Derzeit 750 Menschen engagieren sich in sogenannten Freundeskreisen für Flüchtlinge. Viele sind allerdings mit den Aufgaben, die zum Beispiel traumatisierte Flüchtlinge an sie stellen, überfordert. Ein Runder Tisch soll das nun ändern.

Stuttgart - Karl-Heinz Feierabend steht im Lagerraum der Fildertafel und räumt den Laden auf. Die Tafel bietet Menschen mit wenig Geld und in letzter Zeit auch immer mehr Flüchtlingen günstige Lebensmittel. Supermärkte und Bäckereien versorgen das Geschäft mit Gemüse, Obst, Brötchen und Milchprodukten. Ohne den Überschuss an Lebensmitteln müsste die Fildertafel dichtmachen. Und ohne das Engagement der Mitarbeiter wohl auch. „Wir haben momentan 25 ehrenamtliche Mitarbeiter. Auch sie sind wir absolut angewiesen“, sagt Tanja Herbrik, Leiterin der Fildertafel.

Die Bereitschaft zu helfen, scheint in der Bevölkerung zu wachsen. So steigt Zahl der Menschen, die sich in Stuttgart für Flüchtlinge engagieren, laut Sozialamt stetig an. 750 ehrenamtliche Mitarbeiter sind zur Zeit in insgesamt 26 Freundeskreisen für Flüchtlinge organisiert, die sich über das gesamte Stadtgebiet verteilen. Vor drei Monaten waren es 500 freiwilliger Helfer. Sie unterstützen Flüchtlingskinder bei den Hausaufgaben, organisieren Ausflüge, Gärtnern oder veranstalten Fußballspiele.

Ehrenamtliche kommen nur mühsam an Informationen

Der Stadt kommt das wachsende Engagement seitens der Bürger sehr entgegen. „Das hat für die Flüchtlinge noch einmal einen ganz anderen Wert. Weil sich die Menschen eben aus freien Stücken um sie kümmern“, sagt Stefan Spatz vom Sozialamt.

Doch fehlt es Ehrenamtlichen meist an Kenntnissen, sagt Ariane Müller-Ressing vom Arbeitskreis Flüchtlinge in Heumaden. Sie wünscht sich eine Betreuung von freiwilligen Helfern, zum Beispiel um Konflikte zu bewältigen oder um mit traumatisierten Kriegsopfern umzugehen. „Eine Schwierigkeit stellt dar, dass sich die Ehrenamtlichen die Informationen zumeist mühsam zusammensuchen müssen“, sagt sie. Meist geht es um rechtliche Fragen: Bin ich wenn ich ehrenamtlich einen Ausflug veranstalte versichert? Der Arbeitskreis besteht derzeit aus 35 Mitgliedern, die verschiedene Gruppe gegründet haben: Die einen helfen bei Hausaufgaben, andere bei handwerklichen Tätigkeiten oder Möbeltransporten, wieder andere übernehmen Patenschaften für Familien und einzelne Flüchtlinge.

Wenn sich die ehrenamtlichen Helfer mit ihren Aufgaben überfordert fühlen, sagt sie, dann drohe eine der größten Gefahren. Die Frustration der Ehrenamtlichen. Und damit er häufigste Grund das Amt niederzulegen

Grundausbildung für freiwillige Helfer

Einen Schritt zur Professionalisierung der ehrenamtlichen Unterstützung von Flüchtlingen plant das Sozialamt derzeit gemeinsam mit der Bürgerstiftung Stuttgart, den großen Trägern und diversen Freundeskreisen im Stadtgebiet. „Wir diskutieren im Rahm,en eines Runden Tisches, wie wir die Hilfe von Freiwilligen besser gestalten können“, sagt Marius Wuketich von der Bürgerstiftung Stuttgart. Am Ende solle ein Konzept stehen: Eine Art Grundausbildung für Ehrenamtliche. „Darin sollten die Helfer Fragen beantwortet bekommen, die im Umgang mit Flüchtlingen immer wieder aufgeworfen werden.“

Die Stadt plant nach Informationen unserer Zeitung eine Koordinierungsstelle, die den Kontakt zwischen professionellen Helfern wie Psychologen oder Übersetzern und den Ehrenamtlichen erleichtern soll. Wie die Konzept genau aussehen wird, soll bei beim nächsten Runden Tisch der Bürgerstiftung Ende November besprochen werden. Bei vielen Freundeskreisen für Flüchtlinge stößt die Idee eines solchen Angebots bereits auf Zustimmung.

Vor allem auch weil die Ansprüche, die Flüchtlingshilfe und -betreuung an freiwillige Helfer stellen, steigen. Das beobachtet zumindest Thomas Broch, Flüchtlingsbeauftragter der Diözese Rottenburg Stuttgart. So einleuchtend wie banal zum Beispiel: die Sprache. „Das Dolmetscher-Problematik stellt eine Hürde da, an der viele Engagierte scheitern“, sagt Broch. Und das Scheitern und die Frustration ist wiederum der Grund, warum die einstmals motivierten Helfer ihr Amt wieder niederlegen.