Die Gartenflächen an der Wiener Straße sollen bebaut werden. Foto: Torsten Ströbele

In Stammheim, Feuerbach und Zuffenhausen sollen weitere 642 Asylbewerber unterkommen.

Stuttgarter Norden - Die Rathausspitze hat am Montag offiziell bestätigt, was die Nord-Rundschau exklusiv schon vor einigen Tagen berichtet hat: Die Verwaltung plant an der Schwieberdinger Straße in Zuffenhausen, an der Ottmarsheimer Straße in Stammheim und an der Wiener Straße in Feuerbach insgesamt acht neue Unterkünfte für bis zu 642 Flüchtlinge. Die Reaktionen auf die Vorschläge aus dem Rathaus sind unterschiedlich.

Bei Stammheims Bezirksvorsteherin Susanne Korge haben sich schon die ersten potenziellen neuen Nachbarn der maximal 243 Asylbewerber gemeldet und ihren Unmut geäußert. „Es ist aber keine Überraschung, dass nun auch in unserem Bezirk ein neuer Standort für Flüchtlingsunterkünfte gefunden wurde“, sagt Korge. Nach den Sommerferien wolle sie den alten Freundeskreis aktivieren. „Wir brauchen aber dringend noch mehr Unterstützung aus der Bevölkerung.“ Mehr als 100 Flüchtlinge wohnen bereits in Stammheim. Für sie habe es im Bezirk immer viel Verständnis gegeben. „Ich hoffe, dass das auch so bleibt, wenn die neuen Flüchtlinge hinzukommen“, sagt die Bezirksvorsteherin.

Wenig Verständnis für den Vorschlag der Stadtverwaltung haben dagegen die Pächter der insgesamt rund 3500 Quadratmeter großen Gartengrundstücke an der Wiener Straße. Sie müssen ihre Flächen aufgeben, wenn der Gemeinderat dort drei sogenannte Systembauten errichten lässt. Stephan Schütz ist darüber verärgert. Seit 55 Jahren haben seine Eltern dort einen Garten. Dass sie jetzt gekündigt werden sollen, haben sie aus der Nord-Rundschau erfahren. „Die Stadt übergeht uns. Wir wissen offiziell von nichts“, sagt Stephan Schütz. Sein Herzblut und auch das seiner Eltern hänge an den rund 2000 gepachteten Quadratmetern. „Ich habe hier meine Kindheit verbracht und kenne jeden Brocken Erde.“ Er habe schon Unterschriften gegen die Pläne der Stadt gesammelt und werde sich noch vor der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Wohnen am kommenden Freitag, 19. Juni, an die Stadträte wenden. Er habe grundsätzlich zwar vollstes Verständnis dafür, dass die Flüchtlinge irgendwo untergebracht werden müssen, aber seiner Meinung nach gebe es weitaus geeignetere Standorte.

Stadt ist gesetzlich verpflichtet, Flüchtlinge aufzunehmen

Doch Erster Bürgermeister Michael Föll betonte auch am Montag im Rahmen einer Pressekonferenz im Stuttgarter Rathaus noch einmal, dass es sehr mühsam sei, überhaupt Standorte zu finden, die der Stadt gehören, zeitnah verfügbar seien und auf denen auch gebaut werden dürfe. „Im großen Stil gibt es in Stuttgart keine Brachflächen. Die Grundstücke werden immer irgendwie genutzt“, sagte Föll. Man bemühe sich auch den betroffenen Gartenpächtern Ersatzflächen anzubieten. Das gelte natürlich auch für Familie Schütz. „Aber wenn wir alle Flächen ausschließen, die genutzt werden, können wir nur noch auf dem Mond bauen. Und da besitzen wir keine Grundstücke.“ Die Fläche an der Wiener Straße sei übrigens eigentlich für eine Kita reserviert. Doch das Jugendamt habe signalisiert, dass dieses Areal auch in den nächsten Jahren dafür nicht gebraucht werde. Man habe anderweitige Optionen, die Betreuungssituation zu verbessern.

„Wir wissen natürlich, dass wir mit unseren Plänen nicht überall für Begeisterung sorgen“, sagte Föll. Doch man habe die gesetzliche Pflicht, Flüchtlinge aufzunehmen. Und man werde dabei weiterhin den eingeschlagenen Weg verfolgen: dezentrale Standorte und keine Massenunterkünfte. Föll rechne auch bei den aktuellen Vorschlägen damit, dass sie teilweise wie in der Vergangenheit auch für Diskussionen sorgen werden: „Aber deshalb verwerfen wir keine Standorte. Wir wenden überall dieselben Bewertungskriterien an – auch in Feuerbach. Wir schonen keinen Bezirk, nur weil es dort Proteste gibt.“ Das sei auch das falsche Signal, ergänzte Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer.

Die Pläne der Verwaltung werden unter anderem am Dienstag, 30. Juni, im Bezirksbeirat Zuffenhausen vorgestellt. Die Gremien aus Stammheim und Feuerbach werden am Dienstag, 7. Juli, informiert.