Asylbewerber demonstrieren in der Schleyerhalle in Stuttgart. Foto: Lichtgut/Volker Hoschek

Baden-Württemberg ist fast Schlusslicht bei der Verfahrenslänge von Asylanträgen. Warum ist das so? Fragen und Antworten.

Stuttgart - Nach drei Monaten sollen Asylbewerber erfahren, ob sie bleiben dürfen oder nicht – dieses Ziel hat sich die Bundesregierung gesteckt. Die Realität sieht anders aus: 5,4 Monate dauert ein Asylverfahren im bundesweiten Durchschnitt. Wie will das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die rund 800 000 Anträge bewältigen, mit denen für 2015 gerechnet wird? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was macht das BAMF, um die Asylverfahren zu beschleunigen?
Um den vergangenen Jahreswechsel wurden 650 neue Mitarbeiter eingestellt, 1000 weitere sollen bis Ende November 2015 folgen. Nach rund drei Monaten Schulung sollen sogenannte Entscheider – sie bewerten nach den Anhörungen der Asylbewerber deren Fall – bereit für diese folgenreiche Arbeit sein. Im Haushalt 2016 wird das BAMF noch einmal bis zu 1000 zusätzliche solcher Stellen erhalten.
Im vergangenen Jahr dauerten die Verfahren im Schnitt 7,1 Monate, heute sind es 5,4 Monate. Warum?
Abgesehen von neuen Mitarbeitern hat das BAMF weitere Aspekte geändert. Zum Beispiel gibt es seit Oktober 2014 ein beschleunigtes Verfahren für Asylbewerber aus den Bürgerkriegsgebieten Syrien und Nord-Irak: Bei ihnen wird auf eine Anhörung verzichtet. Stattdessen müssen sie ihre Fluchtgründe schriftlich erklären. Seit Juli gilt dieses Verfahren auch für Eritrea.
Wie geht das Bundesamt mit Menschen um, die sehr geringe Aussicht auf ein Bleiberecht haben?
Im Juni haben Bund und Länder den Aktionsplan Asyl beschlossen, seit dem 20. Juli ist dieser in Kraft. Darin wurde unter anderem vereinbart, Asylbewerber aus Ländern mit sehr schlechten Bleibeperspektiven direkt aus den Erstaufnahmeeinrichtungen heraus innerhalb von drei Monaten in ihre Herkunftsländer zurück zu bringen – sie sollen nicht zur Anschlussunterbringung in verschiedene Kommunen kommen. Genau das hatte der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) am Donnerstag zur Entlastung der Kommunen gefordert.
In welcher Reihenfolge bearbeitet das BAMF Asylanträge?
Um das Drei-Monats-Ziel für Menschen vom Westbalkan zu erreichen, bearbeitet das BAMF deren Anträge bevorzugt. Im ersten Halbjahr 2015 kamen rund 40 Prozent der Asylbewerber aus dem Kosovo, Albanien, Serbien und Mazedonien – aber weniger als ein Prozent von ihnen erhält laut BAMF-Präsident Manfred Schmidt Asyl.
Dauert das Asylverfahren in allen Bundesländern gleich lang?
Nein. Am schnellsten ist Mecklenburg-Vorpommern mit durchschnittlich 3,3 Monaten (erstes Halbjahr 2015). Baden-Württemberg liegt auf dem zweitletzten Platz: 6,7 Monate dauern die Verfahren hierzulande im Schnitt. Dafür kann die Landesregierung aber nichts: Asylanträge werden nur vom BAMF bearbeitet. Die Verfahrenslänge hängt davon ab, welche Herkunftsländer in dem jeweiligen Land hauptsächlich bearbeitet werden – und wie kompliziert die Fälle aus den unterschiedlichen Ländern sind: Fälle aus Afghanistan etwa, so ein BAMF-Sprecher, dauerten meist länger und treiben dadurch den Schnitt in die Höhe. Bei Erstanträgen in Baden-Württemberg war Afghanistan im Juli 2015 das vierthäufigste Herkunftsland (rund sieben Prozent) – das häufigste war Syrien (rund 27 Prozent).