Diana Dib (links) und Suse Baur haben sich im Flüchtlingsheim Heumaden kennen und schätzen gelernt Foto: Lg/Zweygarth

Helfer, Asylbewerber und Nachbarn feiern seit Jahren gemeinsam ein Sommerfest. In Anbetracht der voll belegten Unterkunft war es in Heumaden diesmal so groß wie selten zuvor.

Stuttgart - Sie halten sich im Arm wie Oma und Enkelin. Hätte Diana Dib nicht pechschwarzes Haar und einen dunklen Teint, wäre Suse Baur nicht unverkennbar Mitteleuropäerin, man würde nicht merken, dass sie keine Familie sind. So liebevoll gehen die junge Syrerin Dib und die Rentnerin Baur miteinander um.

Das Willkommensfest der Flüchtlinge am Donnerstag, das vom Arbeitskreis Flüchtlinge Sillenbuch und von den Bewohnern der Asylunterkunft organisiert wurde, zeigte, dass Hocketse mit arabischer Musik und exotischen Speisen funktionieren kann. „Etwa 150 ehrenamtliche Helfer und Nachbarn haben sich zu den 260 Flüchtlingen aus 26 Ländern gesellt“, sagt Ariane Müller-Ressing, die Vorsitzende des Arbeitskreises.

Viele der Helfer kennen die Flüchtlinge schon lange, weil die Bearbeitung der Asylanträge häufig Jahre dauert. Diana Dib hatte Glück: Sie ist nur zu Besuch da. Die 22-Jährige und ihre Familie aus Damaskus haben ihren Asylantrag mittlerweile genehmigt bekommen, seitdem wohnt sie nicht mehr im Flüchtlingsheim, sondern im Osten der Stadt. „In einer Sozialwohnung“, sagt sie. Zu sechst in einem Zimmer.

Trotzdem ist sie froh, raus zu sein aus dem Flüchtlingsheim. Die 73-Jährige Suse Baur hat ihr dabei geholfen, sich in Stuttgart zurechtzufinden. „Ich wollte helfen, nachdem mein Mann verstorben ist“, sagt sie. Vor etwas über einem Jahr kam sie zum Arbeitskreis Flüchtlinge und lernte Dib kennen.

Bewohner und Anwohner in guter Nachbarschaft

Trotz des großen Altersunterschieds verbindet die beiden heute eine tiefe Freundschaft, „Adoptivnichte“, „Adoptivtante“, nennen sie sich gegenseitig. Ariane Müller-Ressing sieht in dem Duo den Idealfall, wie Integration funktionieren kann – auch wenn sie das Wort Integration gern vermeidet. „Wir sind hier einfach eine Nachbarschaft, und da gehören auch die Flüchtlinge dazu“, sagt sie. Damit sie künftig die Grünflächen ums Flüchtlingsheim herum kultivieren können, wird als Spende Gartenwerkzeug übergeben. Ein Skateboard-Parcours, Kinderschminken, Essen, Trinken, das wirkt so normal, dass man fast die schlimmen Erlebnisse vergisst, die die Flüchtlinge auf ihrer Odyssee hinter sich haben, wie eine Besucherin bemerkt.

Auch Dib ist vorm Krieg geflohen, ihre Familie, die einst wohlhabend und angesehen war, hat alles verloren. Nun will sich die junge Frau ein neues Leben aufbauen und an einer Fachhochschule studieren, vielleicht Marketing. Die Voraussetzungen und Sprachkenntnisse dazu hätte sie.

Ehrgeiz und der unbedingte Wille, niemals aufzugeben, sind die Eigenschaften, die Baur besonders an ihrer „Adoptivnichte“ schätzt. Und umgekehrt: „Sie ist so unglaublich lieb – und sie ist wunderschön!“, sagt Dib.

Dankbar ist Dib für alles, was Baur ihr gezeigt hat. Die beiden gehen zusammen ins Kino, unternehmen Ausflüge in die Natur, sogar in die Oper hat Baur die Syrerin ein Mal mitgenommen. Da kommt Dib nicht drumherum, etwas mit den Augen zu rollen. Diese leuchten aber sofort wieder, als es ums Essen geht. „Meine Adoptivtante macht mir oft leckere Spaghetti“, sagt Dib. An Syrien denke sie immer seltener.

Dass sie ihr Herkunftsland nicht ganz vergessen kann, hat ein gemeinsamer Zoobesuch gezeigt. Erst ärgerte sich die junge Frau, dass sie kaum Tiere zu sehen bekommt – in Damaskus seien die Gehege voll mit Tieren. Dann denkt sie an ihre Wohnung. Die Tiere tun ihr leid. Auch Dib hätte gerne ein eigenes Zimmer.