Die Bahnhofsmission am Hauptbahnhof kümmert sich um Flüchtlinge, bevor sie in die Landeserstaufnahmeeinrichtung in Karlsruhe reisen Foto: Leif Piechowski

Die Stadt lenkt ein: Das Sozialamt will nun Fachleute in die Bahnhofsmission schicken, die bei Sprachproblemen helfen sollen. Auch die Zusammenarbeit unter den Hilfsorganisationen soll verbessert werden.

Stuttgart - Die Stadt reagiert auf die wachsende Zahl von Flüchtlinge, die am Hauptbahnhof aufgegriffen wurden: Das Sozialamt führt derzeit intensiv Gespräche mit der Bundespolizei, der Bahnhofsmission und mehreren Hilfsorganisationen, um die Migranten besser zu unterstützen. „Das Hauptproblem besteht derzeit in der Bahnhofsmission. Dort fehlt es an Platz, an dem die Flüchtlinge unterkommen können“, sagt Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer. Zudem mangelt es an Betreuern. Das Sozialamt plant deshalb, Fachleute aus der Behörde in die Bahnhofsmission zu schicken. „Unsere Mitarbeiter von der sogenannten Rückkehrerberatung werden bei sprachlichen Problemen helfen“, so Fezer.

Zudem verhandle das Gesundheitsamt mit der Kassenärztlichen Vereinigung, um eine medizinische Versorgung für Notfälle aufzubauen. Denkbar sei auch ein Einsatz der mobilen Praxis des Med-Mobils, in dem bisher vor allem Obdachlose Hilfe bekommen. Außerdem werde die Stadt, so Fezer, die Bahnhofsmission künftig bei den Kosten für Verpflegung und Wasser unterstützen. „Bislang läuft das über Spenden und die Kirche, das Haus kommt aber bei dem derzeitigen Ansturm an seine Grenzen.“

Kosten für Verpflegung teilen sich Stadt und Bundespolizei

Seit Ende August hatte die Bundespolizei mehr als 280 Migranten am Hauptbahnhof aufgegriffen, die sich auf der Flucht aus Kriegsgebieten befanden und keine Papiere mit sich führten. Zuständig für die Flüchtlinge ist die Bundespolizei. Die Polizisten führen zunächst Gespräche mit den Flüchtlingen und nehmen deren Daten auf. Dafür hat die Bundespolizei in der alten Bahnhofspost eine Unterkunft eingerichtet, die Feuerwehr hat Feldbetten und Einwegdecken geliefert. Während der ersten Gespräche mit der Bundespolizei bekommen die Flüchtlinge Brot mit Butter, Bananen und Wasser. „Das haben wir bisher aus der Handkasse bezahlt“, sagt Janna Küntzle, Sprecherin der Inspektion in Stuttgart. Die Bundespolizei, heißt es beim Sozialamt, wird die Kosten auch weiterhin übernehmen.

Die Flüchtlinge sind im Anschluss dazu verpflichtet, nach Karlsruhe in die Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) zu reisen, um dort einen Asylantrag zu stellen. Die Einrichtung verteilt sie später in die Stadt- und Landkreise. „Um dorthin zu gelangen, bekommen sie von uns ein Bahnticket“, sagt die Leiterin der Bahnhofmission, Renate Beigert. Viele der Flüchtlinge kommen in der Nacht in Stuttgart an, so dass die Wartezeit bis zu der nächsten Direktverbindung nach Karlsruhe teilweise mehrere Stunden beträgt. In der Bahnhofsmission sei Platz für zehn Menschen, daher seien künftig dringend weitere Räume nötig.

Experten gehen davon aus, dass die Zahl der Migranten in den nächsten Tagen nicht sinken wird. „Es muss auch vom Land Signale geben“, sagt Sozialbürgermeisterin Fezer unserer Zeitung. Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) hat den „extrem erhöhten Zugang an Asylbewerbern“ in Karlsruhe derweil als kurzfristigen Vorgang bewertet. Grund dafür sei die vorübergehende Schließung der Aufnahmeeinrichtung in Bayern.

Die Schwierigkeit, Flüchtlinge unterzubringen, zeigte sich jüngst auch in Esslingen. Dort fehlen bis Jahresende 300 Plätze, die Menschen kommen nun in Turnhallen unter. Stuttgart setzt auf neu errichtete Systembauten. Ende August eröffnete der erste in Plieningen. „Wir sollten auch wieder über Standorte nachdenken, die zunächst zurückgestellt waren“, sagt Isabell Fezer.