Spanplatten, Stockbetten, Duschcontainer und stapelweise Material: Zur Not könnten bereits jetzt 500 Flüchtlinge in der früheren Posthalle am Nordbahnhof unterkommen. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Das Land baut vor. Nachdem man zuletzt oft von einem Tag auf den anderen Flüchtlingsunterkünfte suchen musste, werden jetzt Kapazitäten auf Vorrat geschaffen. Dazu gehört eine Posthalle am Rosensteinpark. In Herrenberg gehen die Pläne noch weiter.

Stuttgart - Am Nordbahnhof werden Vögel zu Flüchtlingen. Noch flattern sechs Tauben durch die gut 10 000 Quadratmeter große ehemalige Logistikhalle der Post an der Ehmannstraße. Die Tiere müssen weichen müssen – genauso wie diverse Artgenossen, die bereits umgesiedelt worden sind. Denn ihre Anwesenheit verträgt sich nicht mit der neuen Nutzung.

Von Ende Januar oder Anfang Februar an können in der Halle bis zu 1500 Flüchtlinge unterkommen. Das Land hat dort für die nächsten fünf Jahre ein Notquartier eingerichtet. Noch sind zwar zahlreiche Umbauarbeiten zu erledigen, doch zur Not könnten bereits jetzt 500 Menschen einziehen. „Wir haben aus der Situation gelernt“, sagt der Stuttgarter Regierungspräsident Johannes Schmalzl. Man wolle davon wegkommen, immer wie ein Getriebener vom einen auf den anderen Tag Quartiere für die Erstaufnahme finden zu müssen. Jetzt werden Kapazitäten auf Vorrat geschaffen. Das zahlt sich bereits aus. So leben in der Zeltstadt im Reitstadion derzeit nur noch 74 Menschen. 1160 könnten dort unterkommen. Die Zelte sollen über den Jahreswechsel nur als Puffer dienen.

50 Duschen müssen noch eingebaut werden

In der Posthalle lagern schon massenhaft Stockbetten, die von der Landesmesse hergebracht worden sind. Es riecht nach Holz – Spanplatten trennen Schlafabteile mit jeweils 24 Betten voneinander ab. Schlafsäcke und Biergarnituren stapeln sich. Im hinteren Bereich sind große Flächen noch mit Planen abgehängt. „Dort bauen wir einen festen Sanitärbereich mit 50 Duschen ein“, sagt Jürgen Telwest vom Regierungspräsidium(RP), das für die Organisation zuständig ist. Polizei, Sozialverbände und RP bekommen auf einer Empore feste Arbeitsplätze. Der Sicherheitsdienst ist bereits da.

Neben den üblichen Metallbetten mit Schaumstoffauflage gibt es seit Dienstag auch 30 Stockbetten aus Holz. Weil Material knapp ist, haben die Behörden die Handwerkskammer Region Stuttgart um Hilfe gebeten. Und die hat sich nicht lumpen lassen. Mitarbeiter haben zusammen mit Flüchtlingen aus Gambia ehrenamtlich die Betten entworfen und zusammengebaut. 20 Leute haben angepackt. „Wir können mit diesen Betten nicht das Problem der Zuwanderung lösen, aber einen Baustein liefern“, sagt Kammerpräsident Rainer Reichhold.

In Herrenberg soll mehr als ein Notquartier entstehen

Die von der Post angemietete Halle gilt als Notquartier. Das heißt, dass Flüchtlinge dort weder untersucht werden noch einen Asylantrag stellen können. Das könnte an anderer Stelle in der Region bald anders sein. In Herrenberg könnte eine offizielle Landeserstaufnahmeeinrichtung (Lea) entstehen. 1000 Plätze soll ein früheres IBM-Schulungszentrum bieten. Schmalzl verkündet bereits Vollzug: „Unser Regierungsbezirk wird in Herrenberg nach Wertheim und Ellwangen die dritte Lea bekommen.“

Ein Sprecher des Innenministeriums bestätigt den Kauf: „Auf Beschluss der Lenkungsgruppe Flüchtlingsaufnahme erwirbt das Land derzeit das ehemalige IBM-Schulungszentrum. Dort soll in den kommenden Monaten eine Unterkunft der Erstaufnahme eingerichtet werden.“ Wie in Wertheim sei aber noch nicht sicher, ob es sich um eine reguläre Lea handeln werde. Darüber führe man derzeit Gespräche mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.