Für junge Erwachsene, die wenig Bildung mitbringen, gibt es noch wenig Angebote. Foto: dpa

Das Angebot an Intergrationskurse ist inzwischen recht umfangreich. Lückenlos aber ist es nicht. Vor allem für nicht mehr schulpflichtige junge Erwachsene fehlen Angebote. Dem will ein Programm des Landes abhelfen.

Stuttgart - Für die Integration von Flüchtlingen gibt es inzwischen ein umfangreiches Angebot, insbesondere an Sprachkursen. Doch noch immer ist das Netz lückenhaft. Nicht zuletzt für junge Erwachsene, die nur wenig Bildung mitbringen, fehlt es an Kursen. Hier setzt das Land mit dem Programm BEF Alpha an. Rund 200 Flüchtlinge erhalten an zwölf Standorten 35 Wochen lang Unterricht in Deutsch und Berufsorientierung, aber auch in Kultur und Politik. Daran schließt ein fünfwöchiges Betriebspraktikum an. Mit dabei sind die Stuttgarter VHS und das Kolping-Bildungswerk.

Nicht wenige Analphabeten unter den Flüchtlingen

„Hinter dem Programm versteckt sich eine der Herausforderungen der Flüchtlingsintegration“, sagt Volker Schebesta (CDU), Staatssekretär im Kultusministerium des Landes. Was die Beschulung von jungen Flüchtlingen angeht, geschieht viel. Doch Schebesta fragt: „Was ist mit denen, die aus dem Schulalter raus sind? Da hört die Aufgabe nicht auf.“ Deshalb hat man das neue Projekt, das vom Bund mit 2,1 Millionen Euro finanziert wird, auf die Gruppe der 21 bis 35 Jahre alten Flüchtlinge zugeschnitten. Und es gibt ein zweites Kriterium für die Teilnahme an den Kursen: Die Flüchtlinge haben in ihrer Heimat die Schule gar nicht oder nur kurz besucht. Diese Gruppe ist unter den Asylsuchenden generell nicht klein: Nach Erhebungen gilt dies für bis zu 30 Prozent aller Geflüchteten über 18 Jahre.

So sind unter den 17 Teilnehmern des Kurses an der Stuttgarter VHS – sie stammen aus Afghanistan, Iran, Eritrea, Somalia und Syrien – „elf primäre Analphabeten“. Diese waren auch in ihrer Muttersprache nicht alphabetisiert, sagt Wolfgang Nagel, der VHS-Projektleiter. Zwei Teilnehmer kannten auch zuvor schon das lateinische Alphabet. Nagel sieht als Manko der bisherigen Kursangebote auch im Rahmen der Integrationskurse des Bundes, „dass es nur sehr wenige Alphabetisierungskurse gibt“. Wenn Flüchtlinge mit geringer Bildungserfahrung an einem Integrationskurs des Bundes teilnehmen, kämen sie häufig „nicht mit“, erklärt Nagel. Dies habe im schlimmsten Fall zur Folge, dass solche Teilnehmer selbst nach Kursen mit bis zu 900 Stunden Dauer dann nur wenig gelernt hätten.

Steigende Bedeutung des zweiten Bildungsweges

Stuttgarts Sozialbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) sieht das Programm denn auch als einen „weiteren Lückenschluss“ im Angebot an Integrationskursen, sowohl was die Altersgruppe als auch was das Bildungsniveau der Teilnehmer angeht. Man habe hier aus den Fehlern früherer Jahrzehnte gelernt. „Früher hat sich doch niemand darum gekümmert, ob jemand Analphabet war oder nicht“, sagt Wölfle. Da es aber eine durchaus große Gruppe unter den Flüchtlingen gebe, die nur wenig Bildung mitbrächten, „ist das ein Fortschritt, dass wir das nicht negieren“, erklärt Wölfle.

Volker Schebesta erklärte, das Kursprogramm sei in der Kombination von Sprache, Berufsorientierung und Wertevermittlung bundesweit einmalig. Melanie Gabert, Leiterin des Kolping-Bildungswerks Stuttgart, ist zuversichtlich, dass durch solche Kurse die Integrationschancen der Teilnehmer deutlich besser werden. „Die Leute wollen lernen und arbeiten, aber sie brauchen jemanden, der ihnen die Tür öffnet.“ VHS-Direktorin Dagmar Mikasch-Köthner sieht durch die Flüchtlingsintegration „den zweiten Bildungsweg aufgewertet“.