Der Stuttgarter Eiermann-Campus wird nicht zur Flüchtlingsunterkunft – doch das Land sucht weiter Foto: Achim Zweygarth

Das Land wird keine Erstaufnahme für Flüchtlinge auf dem Stuttgarter Eiermann-Campus einrichten. Die Kosten dafür wären zu hoch. Doch die Suche nach einem Standort in der Landeshauptstadt geht weiter.

Stuttgart - Die ehemalige IBM-Zentrale im Wald bei Stuttgart-Vaihingen wird nicht als Landeserstaufnahmestelle (Lea) Asylbewerber beherbergen. Dies hat die Lenkungsgruppe Flüchtlinge der Landesregierung am Freitagabend beschlossen. Bei einer Begehung der leer stehenden denkmalgeschützten Gebäude in dieser Woche hatte man sich noch vorsichtig optimistisch gezeigt, das Areal nutzen zu können. Doch die hohen Kosten für die Herrichtung haben jetzt einen Strich durch die Rechnung gemacht. „Gegen eine Lea dort spricht der finanzielle Aufwand“, sagte ein Sprecher des Integrationsministeriums.

Die rechtliche Lage ist kompliziert. Das Gelände gehört weder der Stadt noch dem Land, sondern dem insolventen Immobilienfonds CB Richard Ellis SPE III. Der hatte den nach dem gleichnamigen Architekten Eiermann-Campus genannten Komplex Ende 2009 nach dem Umzug der deutschen IBM-Zentrale übernommen und sich damit mächtig verhoben. Seither wird verzweifelt nach einem Investor und einer möglichen Nutzung gesucht. Ein Sprecher der wichtigsten Gläubigerbank, der DG Hyp in Hamburg, wollte sich am Freitag nicht zu den aktuellen Überlegungen äußern: „Wir sind nicht der Besitzer, deshalb können wir nichts dazu sagen.“

Die Stadt Stuttgart hatte bereits vor Wochen darauf hingewiesen, dass sich das Areal nicht für eine Flüchtlingsunterkunft eigne. Deshalb will sie selbst auch nicht in dieser Richtung auf den Eigentümer zugehen. Das Thema Lea ist damit aber nicht vom Tisch. Das Land sei weiterhin auf der Suche nach einem geeigneten Standort in Stuttgart, so der Ministeriumssprecher. „Wir verstehen dieses Ansinnen des Landes und begleiten das Vorhaben konstruktiv“, sagte ein Sprecher der Landeshauptstadt.

Flüchtlinge vom Westbalkan sollen in Leas bleiben

Beschlossen hat die Lenkungsgruppe am Freitag dagegen eine neue Anrechnungsregelung für die Erstaufnahme von Flüchtlingen. Sie soll Lea-Standorte entlasten. Wenn eine Stadt in einer Lea oder in einer Notunterkunft des Landes bereits die ihr zugedachte Zahl an Asylbewerbern beherbergt, bekommt sie keine weiteren Flüchtlinge für die Anschlussunterbringung. Landkreise müssen in diesem Fall nur 50 Prozent der zusätzlichen Flüchtlinge übernehmen. Zudem, teilte das Ministerium mit, habe man eine Konzeption entwickelt, Flüchtlinge vom Westbalkan erst gar nicht in die Kreise zu verteilen. Ihr Verfahren in der Erstaufnahme soll sich künftig auf zehn Arbeitstage beschleunigen. Die Suche nach zusätzlichen Leas soll weitergehen, die Kapazität sich deutlich erhöhen. Das Land soll hierzu die Nutzung leer stehender Kasernen oder Liegenschaften durchsetzen können.