Ein Video, das den pöbelnden Mobs zeigen soll, kursiert im Internet. Foto: Screenshot Internet

Menschen, die in Deutschland Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen, sind verängstigt. Vor dem Bus, der sie in eine neue Unterkunft im Erzgebirge bringen soll, grölt ein fremdenfeindlicher Mob - nicht zum ersten Mal.

Freiberg/Löbau - Eine Blockade fremdenfeindlicher Demonstranten vor einer sächsischen Flüchtlingsunterkunft sorgt erneut für Entsetzen. Rund 100 aufgebrachte Protestierer hatten am Donnerstagabend im sächsischen Rechenberg-Bienenmühle versucht, die Ankunft der ersten Bewohner in einer neuen Einrichtung zu verhindern. Dabei riefen sie laut Polizei Parolen wie „Wir sind das Volk“.

Erst nach Stunden konnten die Flüchtlinge, darunter Frauen und Kinder, zu ihrer Unterkunft im Ortsteil Clausnitz gebracht werden. Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) verurteilte die Proteste scharf. In Sachsen hat es in den vergangenen Monaten immer wieder Proteste gegen die Ankunft von Flüchtlingen gegeben.

Im Internet kursiert ein Video, das angeblich die Ereignisse am Donnerstagabend zeigen und auf einer zwischenzeitlich gelöschten fremdenfeindlichen Facebook-Seite veröffentlicht worden sein soll. In dem kurzen Film ist zu sehen, wie Flüchtlinge in einem Bus angesichts der grölenden Menge auf der Straße verängstigt sind. Eine Frau und ein Kind weinen. Auf der elektronischen Anzeigetafel des Busses steht „Reisegenuss“.

Straße zum Heim mit drei Autos versperrt

Nach Angaben der Polizei hatten die Gegner der Unterkunft die Straße zum Heim auch mit drei Autos versperrt. Erst nach etwa zwei Stunden seien die Wagen entfernt worden. Zu Handgreiflichkeiten sei es nicht gekommen. Die Polizei war mit 30 Beamten im Einsatz. Sie ermittelt wegen Störung des öffentlichen Friedens.

Innenminister Ulbig betonte, es sei „zutiefst beschämend“, wie mit den Menschen umgegangen worden sei. „Anstatt wenigstens den Versuch zu unternehmen, sich in die Situation der Flüchtlinge zu versetzen, blockieren einige Leute mit plumpen Parolen den Weg von schutzsuchenden Männern, Frauen und Kindern“, sagte der Minister.

Der Bürgermeister von Rechenberg-Bienenmühle, Michael Funke (parteilos), sagte der „Freien Presse“, er schäme sich für das Geschehene. Zugleich nahm er aber die Demonstranten in Schutz. Der Großteil der Menge sei „nicht auf Krawall gebürstet“ gewesen. Auch habe der Protest sich nicht gegen die Flüchtlinge gerichtet: „Es ging um die große Politik und nicht um die Menschen an sich.“

Die bisher schwersten Ausschreitungen in Sachsen gab es im August vergangenen Jahres in Heidenau, als Rechtsradikale eine neue Unterkunft in einem Baumarkt belagerten und Polizei mit Pyrotechnik und Wurfgeschossen attackierten. Zuvor war es bereits bei der Errichtung eines Zeltlagers in Dresden zu schweren Krawallen von Neonazis gekommen.

Haftbefehle gegen mutmaßliche Brandstifter

Am Freitag wurde Haftbefehl gegen zwei 16 und 26 Jahre alte Männer erlassen, die am Vorabend einen Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft im ostsächsischen Löbau verübt haben sollen. Verletzt wurde niemand. Die von den mutmaßlichen Tätern gegen das Heim geworfenen Molotowcocktails waren verloschen, ohne großen Schaden anzurichten.

In Heinsberg bei Aachen begann am Freitag ein Prozess gegen fünf junge Männer, die einen Asylbewerber bis zur Bewusstlosigkeit geprügelt und getreten haben sollen. Vorher hatten sie demnach rechte Parolen gerufen und eine Hitler-Fahne gezeigt. Den 18 und 19 Jahre alten Männern wird gefährliche Körperverletzung, Volksverhetzung, Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen und Bedrohung in insgesamt vier Fällen vorgeworfen.