Den dritten für das Areal an der Helene-Pfleiderer-Straße geplanten Systembau sähen die Beiräte lieber auf der Waldau. Foto: Stadt Stuttgart

Die Degerlocher Lokalpolitik zeigt sich kritisch gegenüber einem dritten Systembau für Flüchtlinge an der Helene-Pfleiderer-Straße. Die Verwaltung soll zunächst prüfen, ob die zusätzlichen Asylbewerber auf der Waldau untergebracht werden könnten.

Degerloch - Ein Déjà-vu ist es dann doch nicht gewesen – obschon vieles an den vergangenen Sommer erinnerte, als es in der jüngsten Sitzung des Degerlocher Bezirksbeirats an den Tagesordnungspunkt 3 ging: Wie im Juli 2015 waren Vertreter des Liegenschafts- und des Sozialamts gekommen, um die Lokalpolitiker über die Pläne der Stadt zur Flüchtlingsunterbringung an der Helene-Pfleiderer-Straße zu unterrichten. Wieder waren viele Bürger zu der Sitzung gekommen. Und wieder äußerten Anwohner großen Unmut.

Verwaltung soll noch mal prüfen

Doch das Votum der Bezirksbeiräte fiel dieses Mal deutlich anders aus als im Juli: Während sich vor neun Monaten allein Ulrich Demeter (Freie Wähler) gegen den Standort an der Helene-Pfleiderer-Straße für zwei Systembauten mit Platz für 156 Menschen gestellt hatte, wurde der zusätzliche dritte Bau mit weiteren 93 Plätzen für diese Stelle einstimmig abgelehnt. Das Gremium sprach sich einhellig dafür aus, dass die Verwaltung erst einmal prüfen solle, ob ein weiterer Bau nicht besser auf der Waldau aufgehoben wäre.

Götz Bräuer begründete die ablehnende Haltung seiner CDU-Fraktion mit dem „natürlichen Bewegungsdrang“ der Menschen, die in die Unterkünfte einziehen. Der könnte im Naherholungsgebiet auf der Waldau aus seiner Sicht sicherer ausgelebt werden. Bräuer gab außerdem zu bedenken, dass es verfrüht sei, darüber zu entscheiden, bevor „wir dort einen einzigen Flüchtling haben“, wobei er nicht ausschloss, dass man mit Erfahrungswerten noch einmal darüber reden könnte.

Bürger schildert Bedenken

Ronald Stock, Grünen-Beirat und Mitglied des Degerlocher Freundeskreises, berichtete von dem „harmonischen Erlebnis“ bei der Ankunft der ersten Flüchtlinge in den Unterkünften auf der Waldau und sprach sich gegen eine „Megaeinheit“ an der Helene-Pfleiderer-Straße und für die Prüfung der Waldau aus. Ebenso die anderen Fraktionen; Ulrich-Michael Weiß (SPD) äußerte Verständnis für die Anwohner. Einer von ihnen nütze die Sprechzeit für Bürger zu Beginn der Sitzung, um seine Bedenken zu schildern, die er nach eigener Aussage mit knapp 70 anderen Anwohnern teilt und zuvor den Bezirksbeiräten schriftlich mitgeteilt hatte. Er habe Verständnis für den Druck der Stadt, und die Anwohner richteten sich nicht gegen Flüchtlinge, sondern gegen den dritten Block an diesem Standort, sagte Wolfram Kümmel. Denn die Ist-Situation in dem Gebiet sei, dass nicht nur die beiden Flüchtlingsheime im Bau seien, sondern die Nachbarschaft auch schon die Downhill-Strecke mit „gefühlten 500 Sportbegeisterten“ zu tragen habe. Deshalb, und weil das geplante zusätzliche Gebäude nach seiner Berechnung nur sechs Meter von seinem Grundstück entfernt wäre, sieht Kümmel die Grenze zwischen Fordern und Überfordern überschritten.

Die Fläche auf der Waldau täusche

Axel Wolf vom Liegenschaftsamt versprach, zu prüfen, ob der Standort auf der Waldau eine Alternative wäre. Allerdings sagte er, die Fläche dort täusche, weil beispielsweise auch Wege für Rettungskräfte freigehalten werden müssten.

Getäuscht hatte sich mancher Anwesende in der Annahme, Degerloch hätte von den Stuttgarter Bezirken dann mit die meisten Flüchtlinge aufgenommen: Wenn alle 592 Unterkunftsplätze belegt werden würden, stünde Degerloch mit 3,59 Prozent Flüchtlingen in Relation zur Gesamtbevölkerung auf Platz sechs.