Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) Foto: dpa

Nach fünf Oberbürgermeistern schlagen jetzt auch drei Landräte im Sachen Flüchtlingspolitik Alarm. Ihren Hilferuf richten sie an Ministerpräsident Kretschmann. Die Grünen wittern Wahlkampfgeplänkel.

Stuttgart - Der Druck aus den Kommunen auf Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in der Asylpolitik wächst. Nach fünf Oberbürgermeistern haben nun drei Landräte beim Regierungschef wegen der steigenden Flüchtlingszahlen Alarm geschlagen. In einem Brief vom Dienstag fordern die drei CDU-Politiker aus den Kreisen Rhein-Neckar, Neckar-Odenwald und dem Landkreis Karlsruhe Kretschmann auf, Zusagen vom zweiten Flüchtlingsgipfel Ende Juli sofort umzusetzen.

So verlangen die Landräte, dass Asylbewerber aus den Balkanstaaten ab sofort nicht mehr auf die Kreise weiterverteilt werden. Der Hintergrund: Die Chancen, dass die Asylanträge von Balkanflüchtlingen positiv beschieden werden, sind gering. Und die Suche nach Wohnraum für Asylbewerber in den Kommunen ist schwierig.

Landräte: Balkanstaaten zu sicheren Herkunftsländern machen

„Bei den derzeit hohen Zugangszahlen wird es ansonsten nicht mehr möglich sein, die Aufnahme und Unterbringung von Asylsuchenden insgesamt zu gewährleisten“, schreiben die Landräte. Sie fordern, die grün-rote Landesregierung müsse sich im Bund für die Ausweisung weiterer sicherer Herkunftsländer auf dem Balkan - Kosovo, Montenegro und Albanien - einsetzen. Dann könnten von dort stammende, abgelehnte Asylbewerber leichter zurückgeschickt werden. Ministerpräsident Kretschmann hatte sich offen für Verhandlungen über das Thema gezeigt. Er verlangt allerdings zunächst einen Nachweis darüber, dass die Ausweisung von sicheren Herkunftsländern überhaupt etwas bringt.

Das Staatsministerium teilte mit, Kretschmann wolle rasch auf die Schreiben antworten. Am Montag hieß es in einer ersten Reaktion, man habe großes Verständnis für die schwierige Situation der Kommunen.

In diesem Jahr erwartet Baden-Württemberg 54 000 bis 80 000 neu ankommende Asylsuchende - das wären doppelt bis dreimal so viele wie 2014. Am Montag war bereits ein offener Brief von fünf Oberbürgermeistern an Kretschmann und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bekanntgeworden, in dem mehr Hilfe gefordert wird.

Wolf: Grün-Rot ignoriert Hilferufe

CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf warf der Landesregierung vor, die Hilferufe der Kommunen zu ignorieren. Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte im Land verlangten zurecht, dass zumindest die Zusagen des Flüchtlingsgipfels in Bezug auf die Flüchtlinge vom Westbalkan ab sofort und eindeutig umgesetzt würden.

Nach Wolfs Ansicht drängt das Flüchtlingsthema im Südwesten andere politische Themen derzeit in den Hintergrund. „Die Unterbringung von Asylbewerbern ist, was die Menschen vorrangig bewegt“, sagte Wolf auf seiner Wahlkampftour in Ulm. Themen wie Bildung gerieten demnach „ein bisschen in den Hintergrund“. Der Südwesten brauche so viele und so große Erstaufnahmestellen, dass über den Asylstatus entschieden werden könne, bevor die Flüchtlinge aufs Land verteilt werden.

Grünen-Landeschefin Thekla Walker erinnerte daran, dass die Landesregierung unter anderem eine massive Ausweitung der Plätze in Landeserstaufnahmeeinrichtungen (Lea) zugesagt hat. „Das haben auch die kommunalen Spitzenverbände anerkannt und beim Flüchtlingsgipfel den Schulterschluss geübt.“ Warum nun drei CDU-Landräte wenige Tage nach dem Flüchtlingsgipfel ausscherten, sei unverständlich.

„Das riecht verdächtig nach Wahlkampf“, meinte sie. Sie appellierte an die CDU, von dieser „Strategie des Zündelns“ abzusehen. „Sie schadet dem Land, zur Lösung der Probleme trägt sie nichts bei.“