Roger Kehle, der Präsident des baden-württembergischen Gemeindetags. Foto: dpa

Angesichts der steigenden Belastung durch Flüchtlinge für Gemeinden und Kommunen, hat der Gemeindetags-Präsident Roger Kehle ein Steuersparmodell für die Finanzierung von Flüchtlingsunterkünften vorgeschlagen.

Stuttgart – Der Präsident des baden-württembergischen Gemeindetags, Roger Kehle, hat mit Blick auf den anhaltenden Zustrom von Flüchtlingen nach Baden-Württemberg und die Belastung der Kreise und Kommunen Alarm geschlagen. „Die Stimmung in der Bevölkerung ist schon jetzt fragil“, warnte er in einem Interview mit den Stuttgarter Nachrichten (Dienstagausgabe) vor Überlegungen der Politik, private Wohnungen oder Häuser durch die öffentliche Hand beschlagnahmen zu lassen. Er forderte die grün-rote Landesregierung auf, „eine Gesamtstrategie“ zu erstellen, „die wir der Bevölkerung erklären können und aus der klar wird, dass die Bürger dem Handeln der Politik vertrauen können.“ Die Entscheidungsträger hätten „keine Zeit mehr zu verlieren. Wir können uns auch keine langatmigen Diskussionen mehr erlauben, welche baurechtlichen Standards nun gesenkt werden müssen. Wir müssten schnellstens handeln“, sagte Kehle mit Blick auf die Probleme bei der Unterbringung und den fehlenden Wohnraum für die Flüchtlinge. Die aktuellen Verfahren mit Bebauungsplan, Baugesuch, Behördenanhörung seien „zu aufwendig und dauern ein bis zwei Jahre. Das ist viel zu lang“.

Abbau der bürokratischen Vorschriften

Kehle forderte gegenüber den Stuttgarter Nachrichten deshalb einen Abbau der bürokratischen Vorschriften. Zugleich regte er eine neue Form der Wohnbaufinanzierung an: „Angesichts der Massen an Flüchtlingen, die schon da sind und noch zu uns kommen, wird der Um- und Neubau von Häusern und Wohnungen nicht allein durch öffentliche Gelder möglich sein. Um diese Herausforderung zu meistern, braucht es privates Kapital. Ich schlage deshalb vor, dass der Bund ein Steuersparmodell auflegt. Dann kann mit dem Geld von privaten Investoren die Lage auf dem Wohnungsmarkt entspannt werden. Das gilt für Neubauten, aber auch für die Sanierung von Altbauten gerade in ländlichen Regionen.“

In dem Interview forderte der Gemeindetags-Präsident zugleich die Regierenden auf, die Lage nicht zu beschönigen, sondern die Probleme bei der Aufnahme und Unterbringung der Flüchtlinge den Bürgern gegenüber transparent darzustellen. „Die Politik betont, dass das Thema Flüchtlinge zu bedeutend ist, als es im Wahlkampf zu instrumentalisieren. Aber die Menschen in unserem Land erwarten jetzt zu recht Auskünfte der Parteien, wie sie mit dem Problem der Flüchtlingsmassen umgehen wollen“, so Kehle. Man könne das Thema nicht gänzlich aus dem Landtagswahlkampf heraushalten. „Meine Sorge ist aber groß, dass wir vor allem am rechten Rand des Parteienspektrums eine Bewegung bekommen, die zu stark wird. Deshalb muss man die Sorgen der Menschen ernst nehmen und darüber sprechen. Das Verschweigen von Tatsachen wäre ein großer Fehler.“