Die Raichberg-Realschule hat neue Nachbarn: Die Turn- und Versammlungshalle Ost dient vor allem Familien mit Kindern als vorläufiges Heim. Foto: Jürgen Brand

Rund 120 Flüchtlinge, darunter viele Familien mit kleinen Kindern, sind in die Halle der Raichberg-Realschule eingezogen. Die Schüler selbst haben schon Kontakt zu den neuen Nachbarn. Der Sportunterricht konnte größtenteils an die nahe Grund- und Werkrealschule Gablenberg verlagert werden.

S-Ost - Die Veränderung im Stadtteil ist unübersehbar. In der Turn- und Versammlungshalle Ost, die auch die Turnhalle der Raichberg-Realschule ist, brennt jetzt viel öfter Licht als noch vor wenigen Tagen. Auf dem sonst oft verwaisten Platz vor der Halle sind inzwischen zu jeder Tages- und auch Abendzeit Menschen anzutreffen, die dort stehen, sitzen, rauchen, telefonieren, diskutieren. Auf den Wiesen in der nahen Klingenbach-Anlage wird multikulturell und manchmal auch technisch anspruchsvoll gekickt. Und immer wieder trifft man beim Spaziergang durch das Quartier kleine Gruppen meist von Frauen und Kindern, die sich über die Einkaufsmöglichkeiten und die Infrastruktur in der näheren Umgebung ihrer neuen Unterkunft informieren lassen.

In jeder Koje stehen drei Doppelstockbetten und Spinde

In der vergangenen Woche sind rund 120 Flüchtlinge, in der Mehrheit Familien mit zum Teil ganz kleinen Kindern, in die Turn- und Versammlungshalle Ost eingezogen. Der anhaltende Zustrom von Flüchtlingen ließ der Stadt mangels anderer Quartiere keine Wahl, sie musste auch Turnhallen belegen. Das sorgt mancherorts für Unruhe, beschäftigt die Schüler und die Schulen, die den Sportunterricht neu organisieren müssen – und natürlich auch die Eltern, die viele Fragen haben. Deshalb sind die Eltern der Raichberg-Realschüler wenige Tage nach der Ankunft der Flüchtlinge bei einer Veranstaltung in der Aula der Schule umfassend informiert worden. Im Vordergrund standen dabei zunächst die Fakten: Die Halle wurde mit Hilfe von bespannten Bauzäunen in Kojen mit der Größe von 3,50 Meter auf 3,50 Meter unterteilt. In jeder Koje stehen drei Doppelstockbetten, für jede Person dort gibt es einen abschließbaren Spind. In der Halle können maximal 120 Menschen untergebracht werden. Annähernd so viele sind auch dort angekommen.

Die Betreuung der Menschen wurde der Arbeiterwohlfahrt (Awo) übertragen, die sich beispielsweise auch schon um die an der Rotenbergstraße untergebrachten Menschen kümmert. Die eigentliche Hausleitung wurde an ein Unternehmen übergeben, weil die Awo dafür keine Kapazitäten mehr hat. Für drei Mahlzeiten am Tag sorgen die Malteser. Dieser Catering-Service wurde erforderlich, weil es in der kurzen Zeit nicht möglich war, in der Turn- und Versammlungshalle entsprechende Kochgelegenheiten zu installieren. Für die schmutzige Wäsche der Flüchtlinge wurde ein Wäscheservice organisiert. Nach den Herbstferien sollen in der Halle Waschmaschinen aufgestellt und angeschlossen werden, sodass die Menschen sich dann selbst um ihre Wäsche kümmern können. Für die Sicherheit sorgt ein Wachdienst, der rund um die Uhr mit zwei Wachleuten in der Halle sein wird. Eine Vertreterin des Sozialamts sagte: „Wir glauben nicht, dass wir sie brauchen, aber es ist eine Beruhigung für alle.“.

Der Sportunterricht konnte umorganisiert werden

Wie lange die Menschen in der Halle leben müssen, konnte die Vertreterin der Stadt nicht sagen. „Die Turnhalle wird geräumt, sobald reguläre Unterkünfte zur Verfügung stehen“, beantwortete sie die Frage einer Mutter. Diese Unterkünfte müssen aber erst gefunden oder in Form von Systembauten errichtet werden. Und das dauert in der momentanen Situation seine Zeit.

Der Sportunterricht für die Raichberg-Realschüler konnte aufgrund der guten Zusammenarbeit mit der nahen Grund- und Werkrealschule (GWRS) Gablenberg umorganisiert werden. Bis auf vier Sportstunden konnte der gesamte Unterricht in die GWRS-Hallen verlagert werden. Die Leiterin der Realschule, Ursula Heinemann, bedankte sich dafür vor allem bei dem dortigen Schulleiter Uwe Heilek. Der appellierte an die Eltern: „Wenn wir als Schulen, Sie als Eltern und die Kinder etwas enger zusammenrücken, wird das funktionieren.“ Er bat darum, im Zusammenhang mit der Flüchtlingsfrage doch mehr auf die vielen Dinge zu schauen, die wirklich gut funktionierten, und nicht immer nur das in den Vordergrund zu stellen, was möglicherweise nicht klappen könnte. Heilek: „Bitte verfolgen Sie das mit Wohlwollen!“

Einige der Realschüler sprechen arabisch

Die Realschüler selbst haben schon Kontakt mit ihren neuen Nachbarn aufgenommen. In der Raichberg-Realschule gibt es ein „Raiko“ genanntes Konzept für soziales Lernen, das für die Fünft- bis Neuntklässler verpflichtend ist. Eine Schülergruppe hat bereits vor den Herbstferien Plakate gemalt, auf denen die wichtigsten Geschäfte, Haltestellen und anderes in der unmittelbaren Umgebung aufgezeichnet wurden. Auf einem anderen Plakat stellten sie die Schule vor. Sie brachten die Plakate selbst in die Halle. Und da unter den Schülern auch einige arabischer Herkunft sind, war die Verständigung kein allzu großes Problem und der Kontakt schnell hergestellt. Der wurde dann beim Kicken in der Klingenbach-Anlage fortgesetzt. Und Fußball versteht jeder.