Syrische Asylbewerber in Sofia – viele Flüchtlinge verlassen das Land aus Not Foto: dpa

Bulgarien lehnt bisher 60 Prozent der Übernahmeersuchen von Asylsuchenden aus Deutschland ab, weil das Land nicht die passende Rechtsgrundlage anwendet.

Stuttgart/Sofia - Im vergangenen Jahr sind Tausende Flüchtlinge vor allem aus Syrien über Bulgarien nach Deutschland gekommen. Nun will das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) immer mehr wieder nach Bulgarien überstellen. 2014 und im ersten Quartal 2015 hat das BAMF fast 6000 Übernahmeersuchen nach Bulgarien gestellt. Doch wie das BAMF bestätigt, lehnt Bulgarien mehr als 60 Prozent der Übernahmeersuchen auf der Grundlage von Dublin ab. Die Dublin-Verordnung regelt, welcher Staat für die Bearbeitung eines Asylantrags innerhalb der EU zuständig ist.

Jedoch: „Rund 90 Prozent der Ablehnungen beruhen auf der Tatsache, dass sie sich auf Menschen beziehen, denen in Bulgarien bereits internationaler Schutz gewährt wurde“, sagt Nikola Kazakov, Chef der Bulgarischen Flüchtlingsagentur. „In diesem Fall sind die Bestimmungen von Dublin III nicht anwendbar.“ Flüchtlinge, die schon Asyl bekommen haben, müssen auf einer anderen Rechtsgrundlage abgeschoben werden: etwa der Drittstaatenregelung. Ob ein Flüchtling schon einen Schutzstatus hat, erfährt das BAMF bisher aber erst durch die Ablehnung Bulgariens.

„Weiterwandernde Flüchtlinge aus Bulgarien sind ein Beispiel für ein neues Phänomen, das zunehmend zu einer Massenerscheinung wird“, sagt Matthias Lehnert, Anwalt für Aufenthaltsrecht. „Das betrifft längst nicht nur Bulgarien, sondern auch Tausende von Flüchtlinge aus Italien oder Ungarn.“ Es gehe hier um ein grundsätzliches Problem, das auch durch den Vorschlag der Europäischen Kommission nicht gelöst werde, Flüchtlinge nach Quoten zu verteilen: „Aus welchem Grund sollten die Flüchtlinge künftig in Ländern bleiben, in denen sie keine Perspektive haben, wenn sie das schon jetzt nicht tun?“, so der Experte.