Aus Stammheim ins Justizvollzugskrankenhaus und von dort in eine normale Klinik: Ein Terrorverdächtiger macht der Justiz zu schaffen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Generalstaatsanwaltschaft wirft einem 25 Jahre alten Syrer vor, in seiner Heimat als Dschihadist gekämpft zu haben. Zu einer Gerichtsverhandlung kommt es bisher nicht, weil er in Hungerstreik getreten ist. Bei der Justiz löst der Fall große Sorgen aus.

Stuttgart - Ein 25 Jahre alter Mann, der in Syrien zur terroristischen Al-Nusra-Front gehört haben soll, stellt die Justiz im Land derzeit vor massive Probleme. Er ist im Januar in Hungerstreik getreten, „um zu erreichen, aus der Untersuchungshaft entlassen zu werden“, sagt ein Sprecher des Stuttgarter Oberlandesgerichts. Im Gefängnis ist der Terrorverdächtige derzeit tatsächlich nicht mehr: Er befindet sich in einer Klinik in der Region Stuttgart. Dort wird er im Drei-Schicht-Betrieb von der Polizei bewacht. Dafür sind neun Beamte nötig. Er wird inzwischen zwangsernährt und hat beim Bundesgerichtshof Haftbeschwerde eingelegt. Die geplante Verhandlung vor dem Oberlandesgericht ist so unmöglich. Im Extremfall könnte der Mann sogar anhaltend haftunfähig werden und müsste dann permanent von der Polizei überwacht werden.

Dem 25-Jährigen wird vorgeworfen, mindestens neun Monate lang für die Al-Nusra-Front im Kampfeinsatz gewesen zu sein. Im September 2015 kam er als Flüchtling nach Baden-Württemberg. Hinweise auf Anschlagspläne in Deutschland gibt es nicht.

Laut einem Sprecher des Justizministeriums handelt es sich in dieser Tragweite bisher um einen einzigartigen Fall. Hungerstreiks gebe es immer wieder, zumeist aber nur für einige Tage, weil Gefangene auf diese Weise auf sich aufmerksam machen wollten. Neben der Tatsache, dass ein Terrorverdächtiger dabei das Gefängnis verlassen kann, stellt sich für die Justiz aber auch ein generelles Problem: „Gefangene, die in Hungerstreik treten, stellen den Justizvollzug vor enorme Herausforderungen. Sie bringen sich selbst in Lebensgefahr“, sagt Justizminister Guido Wolf (CDU). Nach derzeitiger Rechtslage seien die Bediensteten lange gezwungen, von einer lebenserhaltenden künstlichen Ernährung abzusehen. „Wenn sie dann tätig werden dürfen, kann es unter Umständen schon zu spät sein“, so Wolf.