Zwei Jahre auf Bewährung - der junge Raser kam vergleichsweise gut davon Foto: dpa

Der Fall hat Auf­sehen erregt: Vor etwa einem Jahr ist ein ­damals 19-jähriger Autofahrer im Drogenrausch vor der Polizei geflüchtet – und hat sich mit ihr eine halsbrecherische Verfolgungsjagd quer durch den Kreis Ludwigsburg geliefert. Er bekam zwei Jahre ­Jugendstrafe auf Bewährung.

Bietigheim-Bissingen - Das Stuttgarter Landgericht hat den 21-Jährigen am Mittwoch unter anderem wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, gefährlicher Körperverletzung sowie Fahrens ohne Erlaubnis zu zwei Jahren Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt.

Die Vorsitzende Richterin, Cornelie Eßlinger-Graf, begründete dieses vergleichsweise milde Urteil vor allem damit, dass der Angeklagte nach der Tat einen enormen Willen zur Veränderung gezeigt und einen großen Entwicklungsschritt gemacht habe. Er habe inzwischen eine Drogentherapie durchgezogen, ohne zu wissen, ob ihm dies einen Vorteil im Gerichtsverfahren sichere – das sei selten. Auch seine Reue und die Tatsache, dass er von sich aus Schmerzensgeld für zwei verletzte Polizisten angeboten habe, seien Zeichen dafür, dass bei ihm ein Prozess des Umdenkens eingesetzt habe.

Nichtsdestotrotz sei es reines Glück, dass diese waghalsige Flucht so glimpflich ausgegangen sei: „Es hätte ohne Weiteres Tote und Schwerverletzte geben können“, betonte Eßlinger-Graf. Das Verhalten sei „hochgefährlich und hochriskant“ gewesen. Er sei offensichtlich „rücksichtslos bereit gewesen, jedes Mittel einzusetzen, um der Polizei zu entkommen“. Letztlich wurden bei der rasanten Fahrt zwei Beamte leicht verletzt, es entstand ein Schaden von einigen zehntausend Euro.

Das Gericht hat sich bei seiner Entscheidung auf das weitgehende Geständnis des Angeklagten sowie auf die Angaben der 14 Polizeibeamten gestützt, die in die Verfolgungsjagd involviert waren. Demnach war der 20-Jährige Ende Dezember des vergangenen Jahres nachts mit einem geliehenen Auto durch Bietigheim-Bissingen gefahren – mit harten Drogen intus und ohne jemals einen Führerschein besessen zu haben. Um nicht aufzufliegen, drückte er aufs Gas, als er hinter sich eine Polizeistreife bemerkte.

Bei der halsbrecherischen Fahrt über Tamm und Markgröningen bis nach Unterriexingen ignorierte der junge Mann jegliche Stoppzeichen, raste mit bis zu 130 Kilometern pro Stunde durch Ortschaften und ließ sich auch von quergestellten Polizeiautos nicht stoppen. Selbst, als er von vier Streifenwagen eingekeilt war, rammte er sich frei. Auch als sich zwei Polizisten zu Fuß seinem Auto näherten, fuhr er weiter, bis diese zur Seite sprangen. Von Schüssen auf die Reifen seines Wagens ließ er sich auch nicht beeindrucken. Letztlich entkam er der Polizei, stellte sich einige Tage später aber.

Zugunsten des Angeklagten ging das Gericht davon aus, dass er weder gezielt auf die Streifenwagen noch auf die Polizisten zugefahren sei. Von versuchtem Mord, der ihm zunächst vorgeworfen worden war, könne also keine Rede sein, betonte die Richterin. Allerdings habe er mögliche Verletzungen der Polizisten oder anderer Verkehrsteilnehmer billigend in Kauf genommen. Die Beamten hingegen hätten bemerkenswert besonnen reagiert – und damit womöglich Schlimmeres verhindert. Sie sei überzeugt, dass eine Bewährungsstrafe den Angeklagten tief beeindrucke – und damit zur Besserung führe, betonte die Richterin. Nicht zuletzt, weil der 20-Jährige zahlreiche Auflagen einhalten müsse: Unter anderem muss er 180 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten und ein Jahr lang eine Selbsthilfegruppe besuchen.