Junge IT-Firmen setzen auf die automatisierte Anlageberatung und bieten einen einfachen Einstieg in die Geldanlage Foto: dpa

Die Bank des Vertrauens hat ausgedient. Heute suchen Kunden im Internet nach der passenden Anlagestrategie. Und stoßen immer öfter auf Anlageroboter. Diese automatisierten Berater schießen wie Pilze aus dem Boden.

Stuttgart - Geldanlegen in Zeiten von Null-Prozent-Zinsen macht Mühe. Den oft gehörten Expertenrat, mehr ins Risiko zu gehen und auch Aktienfonds zu kaufen, empfinden viele Sparer als wenig hilfreich. Zu kompliziert, zu zeitaufwendig. Und so wird die Anlageentscheidung immer wieder verschoben.

Einen Ausweg in dieser Situation bieten neuerdings so genannte Robo-Advisor an, junge Vermögensverwalter aus dem Internet, deren Beratung automatisiert ist. Selbst mit kleinen Beträgen können Anleger dabei sein. „Wir wollen der digitale Ersatz für den persönlichen Vermögensverwalter sein“, sagt Raphael Vosen, Mitgründer und Geschäftsführer von Ginmon.

Die Zeit scheint reif für die voll automatisierte Geldanlage. Junge Finanztechnologieunternehmen mit diesem Ansatz gibt es immer mehr. Sie heißen Vaamo, Easyfolio, Scalable Capital, Cashboard oder Ginmon, um nur einige zu nennen.

Der Name Ginmon (wird gesprochen wie geschrieben) kommt aus dem Japanischen und heißt so viel wie das Tor zum Wohlstand. Der Name soll Programm sein. Das Rezept klingt einfach. Die Geldanlage wird möglichst breit gestreut. Dies gelingt mit einer Handvoll börsengehandelter Indexfonds, (ETFs), die jeweils die Wertentwicklung eines Börsenindex nachbilden. Die Auswahl der Fonds erfolgt je nach Anlegertyp.

Anlageroboter treffen für den Kunden die Vorauswahl

Sieben Fragen reichen dem Roboter bei Ginmon aus, um ein Profil des Sparers zu erstellen. Dann kann der Anleger mit mindestens 5000 Euro einsteigen. Er kann aber auch die Sparplanvariante wählen. Hier zahlt er einmal 1000 Euro ein und wählt dann eine monatliche Sparrate, mindestens aber 50 Euro. Wie lange so eine Anlage laufen soll, kann der Anleger selbst entscheiden. „Wir halten aber eine mindestens fünfjährige Haltedauer für sinnvoll“, so Vosen. Andere Vermögensverwalter aus dem Internet gehen ganz ähnlich vor.

„Unsere Herausforderung sehen wir darin, den Deutschen die Angst vor der Börse zu nehmen.“, sagt der Ginmon-Vorstand. „Wir wollten etwas entwickeln, was die Leute verstehen.“ Dabei erfinden die Anlageroboter keine neue Anlagestrategien, aber sie bieten einen einfachen Einstieg in die Geldanlage.

Je nach Ansatz wählen sie meist aus dem unüberschaubaren Angebot an Indexfonds wenige aus, und treffen so für den Kunden eine Vorauswahl. Diese Fonds könnten Kunden in der Regel auch bei einer klassischen Bank erhalten. Allerdings verdienen Banken an Indexfonds vergleichsweise wenig, weshalb sie selten angeboten werden. Die jungen Finanztechnologieunternehmen verzichten wiederum auf Berater und setzen auf voll automatisierte Prozesse, wodurch sie Kostenvorteile erzielen.

Als Pionier gilt Betterment

Zum Angebot vieler Anlageroboter gehört auch, dass sie von Zeit zu Zeit automatisch überprüfen, ob das selbst gewählte Anlageprofil noch eingehalten wird, oder ob Wertschwankungen die Zusammensetzung verändert haben. In diesem Fall werden die verschiedenen Fonds auf ihre Ausgangsquote zurückgesetzt. Profis sprechen vom Rebalancing.

Als Pionier dieser automatisierten Vermögensverwaltung gilt das amerikanische Unternehmen Betterment, das inzwischen ein Vermögen von über 2,2 Milliarden Dollar (2,07 Milliarden Euro) verwaltet.

Die Kostenseite ist auf den ersten Blick interessant. Die Gebühren für die Dienstleistung der Anlageroboter sind unterschiedlich, sie liegen meist klar unter einem Prozent jährlich. Manchmal kommt eine Erfolgsbeteiligung dazu. Ginmon etwa berechnet als Grundgebühr jährlich 0,39 Prozent der Anlagesumme, dazu kommt eine Erfolgsbeteiligung von zehn Prozent des Gewinns. „Unsere Kunden halten das für ein faires Modell“, sagt Vosen.

Grundgebühren und Erfolgsbeteiligung

Für ein reines Internetkonzept seien die Grundgebühren vieler Anlageroboter gar nicht so günstig, sagen Branchenbeobachter. Für Hans-Peter Burghof, Wirtschaftsprofessor der Universität Hohenheim, steht zudem eine Erfolgsbeteiligung im „krassen Widerspruch“ zu der passiven Anlagestrategie. Die Anbieter „werden reich, nur weil der Markt nach oben geht“.

Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, sieht die Einstufung des Anlegertyps kritisch. Die zentrale Herausforderung in der Beratung sei, Chancen und Risiken so zu präsentieren, dass der Anleger eine Entscheidung treffen kann und weiß, worauf er sich einlässt. Das Ergebnis beim Kunden fällt jedes Mal anders aus. „je nachdem, ob der Berater Zahlen oder Charts verwendet oder eine Geschichte beschreibt“, sagt Nauhauser. Mit sieben bis zehn Fragen wie sie Anlageroboter stellen, sei es nicht getan.

Die jungen Finanztechnologieunternehmen, ist Nauhauser überzeugt, werden die Bankenlandschaft komplett verändern, weil sie an verschiedenen Bankdienstleistungen ansetzen. Noch deutlicher wird EU-Kommissar Günther Oettinger, wenn er wie unlängst warnt: „Wir brauchen Bankdienstleistungen , Banken nicht unbedingt.“

Im Prinzip seien Banken für innovative Anlagestrategien geeigneter, meint Burghof, weil sie über Reputation, Kundenkontakte und Erfahrung verfügen. Sie haben intern aber Durchsetzungsschwierigkeiten, so der Wirtschaftsprofessor, weil die neuen Produkte etablierte Geschäftsfelder kannibalisieren, weil sie als Großorganisation oft nicht schnell genug sind, und weil sie durch die Regulierung gebremst sind.Rahmenbedingungen, für die sich junge, mit dem Internet vertraute Anleger nicht interessieren.