Ein neues Jugendhaus, mit 1,6 Millionen Euro im Haushalt veranschlagt, wird in diesem Jahr kaum mehr in Angriff genommen. Das Projekt ist deshalb ein Kandidat für einen weiteren Haushaltsrest. Foto: Norbert J. Leven

Das Investitionsprogramm ist so groß ausgefallen, dass es bis zum Jahresende in L.-E. nicht abgearbeitet werden kann. Stadträte ärgern sich darüber.

Leinfelden-Echterdingen - Zwischen der SPD-Fraktion und der Stadtverwaltung tritt zurzeit eine gravierende Meinungsverschiedenheit zu Tage: Während die Sozialdemokraten ihren Unmut über sogenannte Haushaltsreste in Millionenhöhe äußern, beschwichtigt das Rathaus: „Ich rate zu Entspanntheit und Gelassenheit“, sagt der Bürgermeister Alexander Ludwig.

Haushaltsreste entstehen dann, wenn geplante Investitionen in einem Jahr nicht umgesetzt und dann ins nächste oder übernächste Jahr mitgeschleppt werden. Die Summe des Unerledigten aus Vorjahren beziffert die Stadtverwaltung zum aktuellen Halbjahresbericht auf 12,1 Millionen Euro. 2015 könnte dieser Betrag noch deutlich anwachsen: Aus dem 38,3 Millionen Euro schweren Investitionsprogramm für das laufende Jahr sind bis zur Jahresmitte erst knapp acht Millionen Euro abgeflossen. Damit sei „eine Dimension erreicht, die den Rahmen sprengt“, beklagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Barbara Sinner-Bartels, im Gespräch mit unserer Zeitung. Damit, dass bis zum Jahresende der Stau zu wesentlichen Teilen abfließt, rechne sie nicht: Jetzt stünden erst mal die Ferien an und dann seien es nur noch dreieinhalb Monate hin bis zum Jahreswechsel.

Eine hohe Bugwelle

Mehrfach, so hatte Sinner-Bartels bereits in der jüngsten Sitzung des Finanzausschusses angemerkt, habe die SPD schon in der Vergangenheit die hohe Bugwelle kritisiert und als „eine Art Entmündigung der Gremien“ bezeichnet. Sie meldete in dieser Angelegenheit „dringenden Beratungsbedarf“ an und forderte die Stadtverwaltung auf, die geplante Klausurtagung des Gemeinderats zur Finanzpolitik zeitlich vorzuziehen. „Im November kommt das zu spät“, sagte Sinner-Bartels und drohte: „Weitere Schritte behalten wir uns vor.“

Welche das sein könnten, damit halten die Sozialdemokraten noch hinter dem Berg. Darüber werde die Fraktion am Vorabend der Gemeinderatssitzung am heutigen Dienstag beraten, sagt der Fraktionsvorsitzende Erich Klauser auf Anfrage.

CDU vermisst „strategische Lösungen“

Mit dem stockenden Mittelabfluss sind auch andere Fraktionen nicht zufrieden. Man solle zum Grundsatz von Wahrheit und Klarheit im Haushalt zurückkehren, sagt der Vorsitzende der LE-Bürger/FDP-Fraktion, Wolfgang Haug. Durch die nicht erledigten Aufgaben werde es zunehmend „unübersichtlich“, merkt Klaus Machanek (CDU) an. Er vermisse auch „strategische Lösungen“. Darüber müsse sich die Verwaltung über den Sommer unbedingt Gedanken machen.

Bürgermeister Ludwig ist nicht damit einverstanden, dass die Schuld an der Situation allein auf den Schultern der Stadtverwaltung abgeladen wird. Er gibt den Ball auch an die Politik zurück, die im Frühjahr den Haushalt verabschiedet habe. „Seit der Haushaltseinbringung war Ihnen allen bewusst, was geplant ist“, sagte der Beigeordnete in der Ausschusssitzung. Die Unsicherheiten seien damals bereits bekannt gewesen. „Wir sollten gelassen an die Sache herangehen“, rät der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Eberhard Wächter, schließlich sei das Geld ja nicht verloren.

Gemeinderat muss Geld nachschießen

Stadtkämmerer Tobias Kaiser betonte, dass sich Haushaltsreste kaum vermeiden ließen. Oft seien beispielsweise bei der Aufstellung des Etats Bauzeitenpläne noch nicht bekannt. Ein andermal müssten Projekte in den Haushalt aufgenommen werden, um Zuschüsse beantragen zu können. Wenn die Verwaltung die Lage auch nicht dramatisieren will, eine große Gefahr bergen mitgeschleppte Projekte immer: Bis zur Realisierung stimmen meist die Kosten wegen zwischenzeitlich gestiegener Preise nicht mehr. Nachher muss der Gemeinderat dann meist Geld nachschießen.

Die SPD sieht übrigens genau zwei Möglichkeiten, um des Problems Herr zu werden. „Entweder, wir nehmen uns künftig weniger vor oder wir stellen mehr Personal ein“, sagt Barbara Sinner-Bartels. „Für mich ist nur die erste Variante möglich.“