Im Bietigheimer Rathaus ist man an finanziell gute Nachrichten gewöhnt. Foto: Pascal Thiel

Keine Schulden, sprudelnde Steuereinnahmen, keine Gebühren- oder Steuererhöhungen: Die Stadt Bietigheim-Bissingen steht finanziell immer noch blendend da. Die Frage scheint nur: wie lange noch?

Finanzplan - Keine Schulden, hohe Rücklagen, weder Steuer- noch Gebührenerhöhungen geplant: in der Stadtkämmerei Bietigheim-Bissingen sind gute, um nicht zu sagen glänzende Nachrichten eigentlich schon Routine. Auch bei der Vorstellung des Haushaltsplanes für 2017 holt der Oberbürgermeister Jürgen Kessing (SPD) an diesem Dienstag keineswegs die Superlative heraus.

„Relativ unspektakulär“ sei das Zahlenwerk, sagt Kessing. Dabei würden sich die Kämmerer andernorts angesichts solcher Kenngrößen die Hände reiben. Die Gewerbesteuereinnahmen sollen im kommenden Jahr erneut kräftig sprudeln: 38 Millionen Euro erwartet die Stadtkasse von den am Ort ansässigen Betrieben. Das sind rund 883 Euro pro Einwohner. Ein „sehr guter Wert“ sei das, sagt der Finanzbürgermeister Joachim Kölz. Zum Vergleich: die steuerlich ebenfalls starke Kreisstadt Ludwigsburg kommt trotz stattlicher 71 Millionen Euro Gewerbesteuer nur auf rund 763 Euro pro Bürger.

Die finanzielle Emanzipation von Porsche

Gleichzeitig fließen immer mehr Einnahmen aus der Einkommens- und Umsatzsteuer ins Stadtsäckel. Mit fast 32 Millionen Euro wird im kommenden Jahr ein Rekord geplant – wieder mal. Trotzdem fällt der Ausblick des OB zurückhaltend aus. „Wir werden in den nächsten Jahren über die Runden kommen – noch“, sagt der Rathauschef unter Betonung des letztgenannten Wortes. Tatsächlich lässt sich die geplante finanzielle Entwicklung der kommenden Jahre in Bietigheim-Bissingen weniger als Triumphzug, sondern eher als ein Niedergang beschreiben. Allerdings ausgehend von einem ziemlich hohen Niveau. Das Jahresergebnis für 2017 fällt nämlich mit fast einer Million Euro Minus nicht sehr gut aus.

Das liegt vor allem an zwei Punkten. Erstens: noch vor vier Jahren, vor dem Kauf von Porschedurch Volkswagen, konnte die Stadt mit wesentlich höheren Gewerbesteuereinnahmen dank des Sportwagenherstellers rechnen. Das änderte sich, spürbar wurde es im Jahr 2012: Nach der Übernahme ging das Gewerbesteueraufkommen um satte acht Millionen Euro auf rund 34,5 Millionen Euro zurück. Von Porsche seien „nur noch fünf bis zehn Prozent des sonst üblichen Steueraufkommens“ in die Stadtkasse geflossen, sagt der Finanzbürgermeister Joachim Kölz. „Inzwischen haben das die ortsansässigen Unternehmen weitgehend kompensiert.“

Muss die Stadt wieder Schulden machen?

Zweitens: die Stadt hat sich für die kommenden Jahre ein ambitioniertes Programm bei der Schulsanierung auferlegt. Die Gymnasien, die Schillerschule und die Hillerschule werden saniert. Dafür sollen in den kommenden vier Jahren rund 50 Millionen Euro ausgegeben werden. Allein im nächsten Jahr sind es schon sechs Millionen Euro. Um das alles finanzieren zu können, ohne Schulden aufnehmen zu müssen – Kredite sind seit mehr als einem Jahrzehnt kein Thema mehr gewesen –, greift man auf die Rücklagen zurück. Die Liquidität, so heißt der neudeutsche Fachbegriff dafür, wird so in den kommenden Jahren komplett auf Null sinken.

Sollte alles so laufen wie geplant, dann müsste die Stadt 2020 sogar über Kredite nachdenken. Der OB Jürgen Kessing geht nicht davon aus, dass es soweit kommen wird. „Wir kalkulieren immer sehr konservativ“, sagt er. Dennoch ist für seinen Finanzbürgermeister Joachim Kölz das Motto der kommenden Jahre: „Wir müssen sehr vorsichtig agieren.“ Immerhin geht Kölz davon aus, dass sich das Jahresergebnis von 2018 an wieder deutlich positiver entwickeln wird. Er rechnet mit einem wieder wachsenden Steueraufkommen und gleichzeitig weniger hohen Investitionskosten. Schon im Jahr 2019 – so der Plan – könnte die Stadt wieder ein Plus von zwei Millionen Euro aufweisen.