Das Großprojekt Maickler-Schulzentrum mit einem millionenschweren Investitionsaufwand. Foto: Patricia Sigerist

Zunehmend lebt die Stadt Fellbach von ihrer Substanz, zugleich muss sie das Projekt Maickler-Schulzentrum stemmen. Die Stadt benötigt jeden Euro, denn all die Vorhaben kosten gewaltig Geld.

Fellbach - Die Fellbacher Stadtpolitik ist in den kommenden Jahren gleich mehrfach gefordert. Da ist zum einen die von OB Gabriele Zull forcierte Wohnungsoffensive 2020. Ein besonderes Datum, denn zum Ende eben jenes Jahres liegt der Schuldenstand in der Großen Kreisstadt im vorderen Remstal bei fast 30 Millionen Euro. Dies verriet der Erste Bürgermeister Günter Geyer bei der zweitägigen Klausurtagung von Stadtparlament und Verwaltung am Bodensee.

Die künftige, nachhaltige Finanzentwicklung ist demnach das zweite heiße Eisen der kommenden Jahre. Die Stadt benötigt jeden Euro, denn all die Vorhaben kosten gewaltig Geld. Etwa bei der Kinderbetreuung: Hier ist dank steigender Kinderzahlen eben auch mit weiter steigenden Ausgaben zu rechnen. Zudem stehen bei vielen Gebäuden kirchlicher und freier Kindergartenträger Sanierungsmaßnahmen an. Diese werden bislang von der Stadt mit 50 Prozent bezuschusst.

Geyer rechnet beim Schulzentrum mit einem Investitionsbedarf von etwa 80 Millionen Euro

Mehrausgaben erwartet Geyer bei der Sanierung und beim Unterhalt von Straßen, Wegen und Plätzen. Ebenso sind bei vielen in die Jahre gekommenen Gebäuden umfangreiche Generalsanierungen und möglicherweise Modernisierungen notwendig. Über allem schwebt freilich als „Damoklesschwert“, wie mancher Lokalpolitiker warnt, das Großprojekt Maickler-Schulzentrum. Geyer rechnet beim Schulzentrum wie den weiteren Projekten in den Jahren ab 2019 mit einem Investitionsbedarf von insgesamt bis zu gut 80 Millionen Euro. Sein Appell ans Gremium: „Wir müssen schon heute präventiv und vorbeugend handeln. Wir brauchen eine nachhaltige Finanzpolitik, die uns auch für die Zukunft noch Handlungsmöglichkeiten erhält.“

Bereits in diesem Jahr, so Geyers Ausführungen im Rahmen der Finanzplanung bis 2020, wird die Stadt ihrer Allgemeinen Rücklage voraussichtlich fast zehn Millionen Euro entnehmen müssen. Die Rücklage wäre dann auf den gesetzlich vorgeschriebenen Mindeststand von rund 2,4 Millionen Euro abgeschmolzen, würde also nicht mehr für die Finanzierung kommender Haushalte zur Verfügung stehen. Auch muss die Stadt in den kommenden Jahren neue Kredite aufnehmen, sodass der Schuldenstand im Stadthaushalt nach der aktuellen Finanzplanung von 4,1 Millionen Euro Ende dieses Jahres auf rund 29,7 Millionen Euro Ende 2020 ansteigen würde.

Die Stadt lebt zunehmend von ihrer Substanz

Vor allem aber bereitet dem Finanzbürgermeister Sorge, dass es in den kommenden Jahren nur ausnahmsweise gelingen wird, im Verwaltungshaushalt einen Überschuss zu erwirtschaften, der für Investitionen im Vermögenshaushalt zur Verfügung steht. Die Stadt lebt zunehmend von ihrer Substanz. Dabei schlagen sich in dieser Finanzplanung schon die guten Haushaltsergebnisse von 2015 und 2016 nieder, in denen die Überschüsse im Verwaltungshaushalt um insgesamt rund 15 Millionen Euro höher ausfielen als erwartet. Auch würden die Gewinnanteile der Stadtwerke Fellbach in den kommenden Jahren der Stadt nicht mehr wie gewohnt zur Verfügung stehen. Unklar sei des weiteren die Entwicklung der Kreisumlage. Ein Prozentpunkt mehr oder weniger bedeutet hier für die Stadtkasse ein Plus oder Minus von fast 700 000 Euro.

Die Verwaltungsspitze stuft somit die Haushaltslage als angespannt bis kritisch ein. Dies sehen die Gemeinderäte weitestgehend ähnlich. Dass sich die Situation verbessern könnte, erwartet kaum jemand. Diskutiert wurde bei der Klausurtagung in Konstanz, wie eine solche nachhaltige Finanzpolitik aussehen kann. Die Möglichkeiten liegen auf der Hand: Erhöhung der Einnahmen aus Steuern und Gebühren. Andere Große Kreisstädte in der Region haben höhere Hebesätze bei den Grund- und Gewerbesteuern. Vermögen kann veräußert werden, insbesondere Grundstücke – etwa mit dem alten Freibad- und Hallenbadareal. Und ein Großprojekt wie das Maickler-Schulzentrum wird ohne Kreditaufnahme nicht zu finanzieren sein.

Können Angebote neu strukturiert oder gar eingestellt werden

Letztlich darf aber auch die sogenannte Aufgabenkritik kein Tabu sein. Dabei stellen sich etliche Fragen: Kann die Stadt ihr Angebot für die Bürgerinnen und Bürger wie bisher aufrechterhalten? Müssen diese stärker an den Kosten zum Beispiel für die Sportinfrastruktur beteiligt werden? Können Angebote neu strukturiert oder gar eingestellt werden, um damit dauerhaft Kosten zu sparen? Welchen Weg der Gemeinderat gehen will, wird spätestens bei den nächsten Haushaltsberatungen deutlich werden.