Ohne Geld kein Film: Regisseurin Katja Ginnow, Mona Otterbach (Szenenbild), Produzentin Ina Blus und Drehbuchautorin Janett Lederer Foto: factum/Granville

Wenn Studenten der Filmakademie in Ludwigsburg ihre Werke drehen wollen, benötigen sie Leute, die sich für ihre Projekt interessieren und – finanziell – engagieren wollen. Das Modell Crowd Funding üben sieben angehende Filmemacher bereits während ihrer Ausbildung.

Ludwigsburg - Noch fehlt ihnen das restliche Geld. Doch sie haben ja noch ein paar Wochen Zeit bis zum Drehstart. Sie, das sind Katja Ginnow (Regie), Janett Lederer (Drehbuch), Mona Otterbach (Szenenbild), Dominik Moos (Bildgestaltung/Kamera), Caroline Siegner (Montage/Schnitt) sowie die beiden Produzenten Ina Blus und Lukas Ritter – allesamt Studenten der Ludwigsburger Filmakademie. Derzeit bereiten sie den Film „Nadryw“ vor, der vor allem für die Regisseurin Katja Ginnow wichtig ist, denn es ist ihr sogenannter Drittjahresfilm. In jedem der vier Studienjahre müssen die Studenten einen Film abliefern, den sie mit einem selbst zusammengestellten Team produzieren.

Doch für einen Film braucht es nicht nur Ehrgeiz, Kreativität und Engagement, sondern auch Geld. Katja Ginnows Komödie „Nadryw“ (aus dem Russischen übersetzt: Aufschrei der Seele) kostet ziemlich exakt 21 000 Euro, und die gilt es erst einmal hereinzuholen. „Jedes Team bekommt einen Sockelbetrag von der Akademie, der Rest muss selbst finanziert werden“, berichtet Thomas Lechner, der Herstellungsleiter der Hochschule. Doch um Finanzspritze der Filmakademie in Höhe von 10 000 Euro zu bekommen, müssen die Produzenten einen genauen Finanzierungsplan mit Kalkulation aufstellen. Das Drehbuch muss passen, die Details müssen geplant sein, und dann muss das Ganze im ersten Schritt Thomas Lechner überzeugen. Auch die Buchhaltung und die Kreativ-Abteilung der Bildungsstätte wollen sichergehen, dass da kein Geld in ein unausgegorenes Projekt gesteckt wird.

Die 10 000 Euro sind bereits auf dem Konto, weitere 5000 Euro sind durch den Caligari-Preis des Akademie-Fördervereins geflossen. Fehlen also noch 6000 Euro, und um die zusammenzubekommen, gehen die Studenten einen auf der Filmakademie nicht ganz unüblichen Weg. Crowdfunding heißt das Zauberwort. Der Begriff setzt sich aus den englischen Wörtern crowd für Menschenmenge und funding für Finanzierung zusammen. Gemeint ist damit, dass Leute bereit sind, eine Projekt zu unterstützen – auch wenn sie die Menschen dahinter möglicherweise gar nicht kennen. Bis zum 11. Mai kann jeder über die Internet-Seite www.startnext.de einen beliebig hohen Betrag zur Produktion von „Nadryw“ spenden. Manche mögen einwenden, dass es nicht allzu viele Menschen gibt, die sich aufgerufen fühlen: Aber es gibt sie. „Die ersten paar Hundert Euro sind nicht einfach, aber dann kommt die Sache ins Rollen“, bestätigt Thomas Lechner.

Tatsächlich: Der Spendenanzeiger für das Projekt stand Ende April bei gut 2000 Euro. Worin der Anreiz für die Gönner besteht, erklärt Produzentin Ina Blus. „Als Dankeschön kann man etwa einen Drehtag lang als Komparse mitmachen, oder man wird bei entsprechender Spendenhöhe im Vorspann des Films genannt.“ Als Gag gibt es für manchen Spender von den Filmemachern ein rotes Pionier-Tuch. Im Übrigen seien bei einem Filmprojekt nicht nur Geldspenden willkommen. „Für die knapp 15 Drehtage brauchen wir auch Kostüme, Büromaterial, Fahrzeuge, Unterkünfte und Verpflegung – es gibt viele Möglichkeiten, uns zu helfen“, sagt Ina Blus.

Entstanden sei die Idee zum Film bei einem geselligen Abend mit Kommilitonen. Ein aus der ehemaligen DDR stammender Student habe erzählt, er sei nach der Wende so traurig gewesen. Das rote Halstuch der Thälmannpioniere, jener politischen Massenorganisation für Kinder in der DDR, habe er nie bekommen, weil er damals noch keine zehn Jahre alt war. Trotz der Erleichterung nach dem Mauerfall, habe er insgeheim immer diesem Halstuch nachgetrauert. „Wir fanden die Idee toll, auch einmal darzustellen, was den Menschen nach dem Mauerfall alles an Symbolik gefehlt hat“, sagt die Regisseurin Katja Ginnow. „Nadryw“, der von Juni an in Mecklenburg-Vorpommern gedreht wird, soll allerdings kein ernster Film werden, sondern eine Komödie, die einen ganz anderen Blick auf die DDR werfen will.