Foto: Filmakademie Ludwigsburg

28 Menschen sind im Jahr 2015 in US-Gefängnissen hingerichtet worden. Frederick Baer erwartet dasselbe Urteil. 2004 hat er eine Mutter und ihr Kind ermordet. Dafür sitzt er in der Todeszelle. Studenten der Filmakademie haben einen Film über den Fall gedreht.

Ludwigsburg - Frederick Baer hat 2004 eine 26 Jahre alte Frau und deren vierjährige Tochter brutal ermordet. Dafür ist der Amerikaner im Bundesstaat Indiana zum Tode verurteilt worden. Seit elf Jahren wartet er auf die Vollstreckung seines Urteils mittels Giftspritze. Für eine Dokumentation über die Todesstrafe interviewte der britische Journalist Sir Trevor McDonald den Todeszelleninsassen im Jahr 2013, fragte ihn nach seiner Kindheit und den Ereignissen am Tag des Mordes.

Dieses im Internet veröffentlichte Interview diente als Vorlage für einen Animationsfilm, den drei Studenten der Filmakademie Ludwigsburg 2015 gedreht haben. Ein Film, der international viel beachtet wurde und in diesem Jahr für den Student Academy Award, also den Studenten-Oscar, in der Kategorie Foreign Animation nominiert war.

Die Suche nach einer geeigneten Geschichte schlägt auf die Stimmung

Mahyar Goudarzi und seine Kollegen Steve Bache und Luise Peter haben den Film mit dem Titel „Eye for an Eye“ in ihrem ersten Studienjahr produziert. „Zuerst haben wir uns Gedanken zur Technik gemacht und uns dann überlegt, welche Geschichte wir erzählen wollen“, sagt Goudarzi. Die drei Studenten haben sich zwei Wochen lang im Internet Interviews mit Gefangenen in der Todeszelle angeschaut. „Das war hart und schlug uns allen sehr auf die Stimmung“, sagt Goudarzi. Sie entschieden sich dafür, ein Interview mit Frederick Baer grafisch und filmisch umzusetzen, weil Baer in dem Interview über sein Leben reflektiert. Das sei perfekt für die Technik der Rotoskopie, sagt Goudarzi.

Dafür zeichneten die drei eigene Bilder und die Videobilder von Hand nach, fotografierten diese ab und stellten sie am Computer zusammen. Damit entstand ein Zeichentrick-Effekt, wie man ihn beispielsweise aus Musikvideos der Gruppe A-ha kennt. „Es war uns wichtig, das Thema Todesstrafe zu verfremden ohne es zu verharmlosen“, sagt Goudarzi.

Der Mörder erzählt im Film über seine Tat

Der Ton zum Film stammt vom Originalinterview. Darin zu hören: die Fragen des Journalisten und die Antworten des zweifachen Mörders. Baer erzählt von seiner Kindheit, seinen ersten Straftaten und vom Mord an der Frau und ihrer Tochter. Eine Zufallstat. Der damals 32-jährige arbeitete auf einer Baustelle in der Nähe des Tatorts. In seiner Mittagspause klopfte er an die Tür seiner Opfer, drang ins Haus ein und versuchte die Frau zu vergewaltigen. Anschließend durchschnitt er ihr und ihrer Tochter die Kehle und ging zurück zur Arbeit.

Die Studenten stellen die Szenen des Mordes im Film nach. „Die Atmosphäre haben wir versucht, über den Ton einzufangen“, sagt Goudarzi. Ansonsten soll sich der Zuschauer sein eigenes Bild vom Täter machen und für sich selber bewerten, ob der Tod die angemessene Strafe ist.

Viele der Interviews und Kurzfilme, die sich die Studenten während ihrer Recherche angeschaut haben, seien laut Goudarzi sehr wertend gewesen. Die drei wollten das Thema Todesstrafe ansprechen, ohne selbst Kritik zu äußern, sagt er.

Die Studenten wollen nicht, dass der Mörder sich bestätigt fühlt

Mit „Eye for an Eye“ haben es die Studenten bis nach Hollywood geschafft. Allerdings ging der Studenten-Oscar Ende September dann doch an einen Kollegen aus Köln. Momentan läuft ihr Film auf verschiedenen Festivals und ist mit diversen Preisen ausgezeichnet worden. Besonders gefreut haben sie sich über die Auszeichnung der Deutschen Film- und Medienbewertung, sagt er. Darin wurde ihre Animation mit dem „Prädikat besonders wertvoll“ bedacht. Die Filmförderanstalt der Bundesrepublik hat den Kurzfilm mit dem Short Tiger prämiert. Daher ist er in ausgewählten Kinos als Vorfilm zu sehen.

Lange haben die Studenten diskutiert, ob sie Baer den Film zukommen lassen. „Wir haben uns dann dagegen entschieden, weil wir nicht wollen, dass er sich dadurch in seiner Tat bestätigt fühlt und womöglich noch stolz darauf ist“, sagt Goudarzi.