Brillen in einer Auslage in der Stuttgarter Innenstadt: Die Dichte an Optikern ist groß, der Konkurrenzkampf entsprechend hart. Foto: Leif Piechowski

„Der Wettbewerb ist brutal“, sagt Helmut Baur, Chef von Binder-Optik, über seine Branche. Denn inzwischen mischt auch die schwedische Kette Smarteyes mit. Doch Anfang 2015 wird der Konkurrenzkampf noch härter: Im Milaneo-Einkaufscenter eröffnen drei Optiker weitere Filialen.

Stuttgart - Es ist nicht leicht, den Durchblick zu behalten. Der Markt der Optiker ist groß, das Angebot nicht sofort überschaubar. Die großen, die auch in der Stuttgarter Innenstadt um Kunden kämpfen, überbieten sich in der Werbung immer wieder mit Schnäppchen. Unlängst hat der Filialist Pro Optik sogar Brillen verschenkt. Der Preiskampf unter den großen Optikern (Fielmann, Apollo, Binder, Pro Optik und Krass) war zuletzt unerbittlich. „Der Wettbewerb ist brutal“, sagt Helmut Baur, Chef der Kette Binder-Optik, „wer sich da durchsetzen will, darf keinen Trend verschlafen.“

Seit einiger Zeit mischt nun auch noch die schwedische Kette Smarteyes mit. In der Kronprinzstraße hatte der Filialist zweieinhalb Jahre eine Filiale. Vor Kurzem folgte der Umzug in die Hirschstraße 16. Mehr noch: Hier ist von nun an auch der Deutschland-Sitz des Unternehmens. Von Stuttgart aus will die Kette den deutschen Markt erobern. Bisher gibt es neun Standorte in Deutschland. „Aber Stuttgart ist der erfolgreichste, hier haben wir die größten Stückzahlen“, sagt Smarteyes-Managerin Daniela Schmidt.

Der Erfolg der Schweden, die ein H & M der Optikerbranche werden wollen, ist der Stuttgarter Konkurrenz nicht verborgen geblieben. Jörg Eberhardt, Geschäftsführer bei Apollo-Optik in der Königstraße, meint allerdings: „Bisher haben wir die Konkurrenz von Smarteyes nicht gespürt. Aber wir werden den Markt weiterhin gut beobachten.“ Aus der Zentrale von Pro Optik hört man: „Wir haben seit 16 Jahren in Stuttgart schon viel kommen und gehen sehen. Aber natürlich ist der Markt alles andere als einfach.“ Auch Fielmann wappnet sich. Am 24. Januar eröffnet der Filialist nach einem Umbau auf der Königstraße neu. „Fielmann schätzt den Wettbewerb. Dem Kunden bieten sich so noch mehr Möglichkeiten zum Vergleich. Fielmann ist zuversichtlich, seine Marktposition auszubauen“, sagt Unternehmenssprecher Matthias Branahl.

„Aldi und Lidl sind für Feinkost Böhm auch keine Konkurrenz. Mir schlottern nicht die Knie“

So weit die Reaktion des größten deutschen Optikers. Aber wie reagieren die kleinen, inhabergeführten Betriebe in der Stadt auf die veränderte Situation? Norbert Burger, Inhaber von Früngel und Ulmer in der Calwer Straße, nimmt die Konkurrenz durch die Schweden gelassen hin. Er rechnet nicht damit, dass sich der verschärfte Wettbewerb auf das Geschäft der Familienbetriebe auswirkt: „Aldi und Lidl sind für Feinkost Böhm schließlich auch keine Konkurrenz. Mir schlottern nicht die Knie.“ Aber im unteren Preissegment erwartet Burger einen Verdrängungswettbewerb.

Binder-Chef Helmut Baur nimmt die Sache jedenfalls ernst. Auch wenn er davon ausgeht, dass es bei einer Smarteyes-Filiale in der Stadt bleiben wird. Nach seinen Informationen habe sich die schwedische Kette sogar verkleinert: „Von 250 Quadratmetern in der Kronprinzstraße zu 18.450 Euro Monatsmiete zuzüglich Nebenkosten in wesentlich günstigere Ladenräume in der Hirschstraße mit 125 Quadratmetern.“ Insgesamt glaubt er nicht, dass sich die Positionen auf dem Stuttgarter Markt durch Smarteyes wesentlich verändere. Binder wolle sich zudem nicht „über Preisdumping definieren, sondern über Servicequalität und Beratung zu günstigen Preisen“.

Verbraucher in Stuttgart dürfte noch stärker vom Konkurrenz- und Preiskampf der Optiker profitieren

Gleichwohl verfolgt Baur mit Interesse das Geschäftsmodell der Schweden. „Die lassen Fassungen für drei Euro und billige Gläser in China und Thailand produzieren. Dann werden die Brillen per Luftpost hierher geschickt“, erklärt Baur. Smarteyes-Managerin Schmidt kontert: „Das machen andere in der Branche auch so.“ Dabei heraus kämen aber bei ihrer Firma günstige Komplettangebote, die alle Sehstärken beinhalten.

Tatsächlich dürfte die Ankündigung von Smarteyes zur Neueröffnung Kunden ansprechen: „Komplettpreise ab 49 Euro für qualitativ hochwertige Brillen inklusive Sehtest und umfangreicher Beratung.“ In Zeiten, in denen die gesetzlichen Krankenkassen nur für Kinder und Jugendliche oder stark sehbehinderte Menschen pauschale Festbeträge übernehmen, ist der Preis für viele ein starkes Argument beim Brillenkauf.

Und wie die Dinge liegen, dürfte der Verbraucher in Stuttgart noch stärker vom Konkurrenz- und Preiskampf der Optiker profitieren. Denn wenn Anfang 2015 das Milaneo-Center am Bahnhof mit über 250 neuen Geschäften eröffnet, werden auch Fielmann, Pro Optik und Binder vertreten sein. „Fielmann schätzt den Wettbewerb, dort bieten sich dem Kunden noch mehr Möglichkeiten zum Vergleich. Fielmann ist zuversichtlich, seine Marktposition auszubauen“, sagt Branahl zur Herausforderung im Milaneo. Auch der Binder-Chef nimmt im Hinblick auf das Milaneo die Sache wie von ihm gewohnt sportlich: „Das wird spannend“, sagt Baur, „aber Wettbewerb sorgt ja auch dafür, dass wir alle hellwach bleiben.“