Die Wahlurne ist bei dem neuen Verfahren passé. Die Bürger stimmen am Computer ab. Dabei wird von Universitäts-Mitarbeitern auch Hilfe geleistet. Foto: dpa

Statt um Personen und Parteien geht es in der Politik um Themen – jedenfalls in Filderstadt, wo ein neues Wahlverfahren getestet wird. 10 000 Menschen sind aufgerufen, sich zu beteiligen.

Filderstadt - In Filderstadt ist man außerordentlich stolz, dass die Wahl der Universität Frankfurt ausgerechnet auf die Große Kreisstadt gefallen ist. „Wir wollten eine Kommune aus Baden-Württemberg, weil man hier das Kumulieren und Panaschieren kennt,“ sagte Professorin Brigitte Geißel von der Forschungsstelle demokratische Innovationen an der Uni Frankfurt bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Man sei dann auf Filderstadt gestoßen, weil dort die Bürgerbeteiligung schon weit fortgeschritten sei. „Wir sind sehr glücklich, dass Filderstadt so schnell eingestiegen ist“, sagte sie. Normalerweise teste man solche Verfahren an Studenten. „Wir wollen dies aber im realen Leben tun“, erklärte sie.

Bei dem Wahlverfahren sollen die Bürger nicht Politiker, sondern Themen wählen. Diese Themen werden von den fünf im Gemeinderat vertretenen Parteien und Wählervereinigungen bestimmt. Jeder Bürger hat 30 Stimmen. Er kann diese auf die 75 Themen verteilen. Falls ihm eines davon besonders zusagt, kann er auch kumulieren, also bis zu drei Stimmen anhäufen. „Man muss sich überlegen, was einem besonders wichtig ist“, erklärte Geißel. Bei diesem Projekt gehe es auch darum, zu erforschen, wie man Themen an politische Gremien herantragen könne. Diese sogenannte Themiswahl könne irgendwann als Ergänzung zur Persönlichkeitswahl eingeführt werden.

Professorin wünscht sich hohe Beteiligung

Die Professorin würde sich freuen, wenn möglichst viele Filderstädter mitmachen. 10 000 wurden direkt angeschrieben. Es dürfen aber auch andere Bürger der Großen Kreisstadt während der nächsten Woche in den unten aufgeführten Wahllokalen abstimmen.

Der Bürgerreferent von Filderstadt, Thomas Haigis, hat in seiner 17-jährigen Tätigkeit die Erfahrung gemacht, dass bei Bürgerbeteiligungen drei bis fünf Prozent der Angeschriebenen mitmachen. Wenn sich also mehr als 300 Menschen beteiligen, wäre dies schon im Rahmen dessen. „Wenn auch nur wenige mitmachen, bekommt man doch ein repräsentatives Bild“, sagte er. Haigis sieht die Chance, dass die Ergebnisse der Wahl mit denen des Integrierten Stadtentwicklungsprozesses Isek abgeglichen werden können.

„Eine Bestätigung der Arbeit von Haigis“

Auch Oberbürgermeister Christoph Traub sieht die Chance, neue Impulse für die Kommunalpolitik zu bekommen, „Gerade in der heutigen Zeit muss man demokratische Prozesse hochhalten“, sagte er. Es sei eine besondere Ehre für Filderstadt, dass es von der Universität ausgewählt wurde. „Das ist auch eine Bestätigung der Arbeit von Herrn Haigis.“

Auch die persönliche Referentin des Oberbürgermeisters, Ellen Schweizer betonte die Bedeutung des Projekts. „Das ist ein neuartiges Wahlverfahren, das es sonst so noch nicht gibt“, sagte sie. Die Bedeutung des Projekts wurde durch drei Vertreter des Landesverbands Mehr Demokratie e.V. unterstrichen. Sie nahmen auf Einladung an der Pressekonferenz teil und zeigten sich interessiert an dem bürgernahen Wahlverfahren.