Dr. Röcker und sein neues Schmuckstück. Foto: Hahn-Gruppe

Ob die Urinal-Steuer der römischen Antike etwas mit feiner Confiserie aus dem Allgäu zu tun hat und ob sich die Bundesbank tatsächlich um Geldwäsche bemüht – das alles sind Fragen, mit denen sich StZ-Autor Sascha Schmierer in der Kolumne „Filderspitzen“ beschäftigt.

Filder - Dass Geld nicht stinkt, wussten schon die alten Römer. „Pecunia non olet“, sagte der Lateiner – und meinte damit, dass gegen bare Münze nichts einzuwenden ist, selbst wenn sie aus etwas anrüchiger Quelle stammt. Hauptsache, es klingelt in der Kasse.

Zurück geht die Redewendung auf den römischen Kaiser Vespasian. Der hatte sich um das Jahr 75 nach Christus eine Steuer auf öffentliche Toiletten einfallen lassen, um die leeren Staatskassen zu füllen. An belebten Straßen wurden im alten Rom nämlich amphorenartige Latrinen zur allgemeinen Benutzung aufgestellt – quasi die nette Toilette der Antike. Das im Urin enthaltene Ammoniak nämlich diente als begehrtes Hilfsmittel bei der Ledergerbung und der Reinigung von Wäsche – das Handwerk profitierte vom plötzlichen Harndrang.

„Und doch ist es vom Urin“

Es dauerte freilich lange, bis Vespasian auf die Idee kam, bei der segensreichen Einrichtung sozusagen den Rahm abschöpfen zu wollen. Die ersten Einnahmen aus der neuen Steuer jedenfalls soll der erfindungsreiche Kaiser seinem Sohn Titus unter die Nase gehalten haben – verbunden mit der süffisanten Frage, ob der Geruch ihn etwa störe. Als der ratlose Junior verneinte, rief Vespasian triumphierend: „Und doch ist es vom Urin!“

Der Spruch vom nicht stinkenden Geld hat sich über die Jahrhunderte erhalten. Nicht nur, weil die öffentlichen Toiletten in Italien auch heute noch „Vespasiani“ genannt werden. Nein, auch hierzulande nahm Vater Staat sich ein Beispiel und hält die Hand auf, wo es nur geht. Bordelle und Spielhöllen beispielsweise sind zwar nicht unbedingt wohl gelitten. Beim Abkassieren der Vergnügungssteuer aber stört die anrüchige Herkunft der Moneten keineswegs. Geld stinkt schließlich nicht, der Kaiser hat’s bewiesen.

„Des isch aber a bissle arg dreckig“

Schmutzig aber kann Geld durchaus sein – unabhängig von der Herkunft. Das ist mir jüngst an einer Echterdinger Metzgerstheke vorgeführt worden, als eine ältere Dame an der Kasse ihr Rückgeld betrachtete. Mit angewidertem Blick besah die Kundin eine zwischen aschgrau und rostbraun changierende Ein-Euro-Münze. Dann gab sie das optisch missfallende Geldstück der verblüfften Verkäuferin wieder und verlangte Ersatz: „Des isch aber a bissle arg dreckig“, bemängelte die Dame. So geht’s ja nicht, wenn’s an der Kasse nicht mal blitzblank geputztes Geld gibt.

Vor meinem geistigen Auge tauchte ja gleich der arme Lehrbub auf, den der Metzgermeister nun mit dem Zahnbürstle in den Kühlraum schickt, um angegraute Silberlinge zwischen Schweinsripple und Rinderhälften wieder auf Hochglanz zu polieren. Im Internet finden sich reihen-weise Tipps, wie der Patina effektiv zu Leibe zu rücken ist. Das geht von Essigessenz bis zur Behandlung mit einem Ultraschallreiniger. Besonders gut gefallen hat mir der Ratschlag, Kupfermünzen in Ketchup einzulegen – denken Sie mal drüber nach, wenn Sie das Rindersteak beim nächsten Grillabend in der Pfeffersauce ertränken wollen.

Mit Geldwäsche hat die Bundesbank nichts zu tun

Übrigens: Wenn der Göttergatte mal wieder größere Kleingeldbeträge in seiner schwungvoll in den Wäschekorb geworfenen Jeans vergessen hat und sich die Waschmaschine deshalb anhört wie eine ambitionierte Nachwuchsband beim Heavy-Metal-Konzert, werden die Münzen zwar vielleicht auch sauber. Für die Lebensdauer der guten alten Miele ist es aber nicht unbedingt gut, wenn Sie jetzt kiloweise Altmaterial in die Trommel schaufeln.

Weil wir aber neugierig sind, haben wir gleich mal bei der Bundesbank angerufen und gefragt, wie das mit der Münzreinigung funktioniert. Frau Ina Kirsch war bei der Pressestelle am Apparat und hörte sich geduldig die Frage an, ob sie in ihrem beruflichen Leben denn etwas mit Geldwäsche zu tun hat. Hat sie übrigens nicht. Die als Schmutzgeld aussortierten Münzen landen nicht etwa in der Münzwaschstraße, sondern im Schmelzofen. Punkt.

Man gönnt sich ja sonst nichts – außer Porsche Nummer 70

Wir merken uns also: Schmutziges Geld wird nicht gewaschen, ob es nun stinkt oder nicht. Manchmal hat es aber schon ein G’schmäckle. Uns kommt beim Nachdenken über Münzen und Moneten jedenfalls eine Meldung aus dem Porsche-Zentrum am Flughafen in den Sinn. Anlass für die mehrseitige Mitteilung war, dass ein treuer Kunde namens Dr. Rainer Röcker jetzt mit großem Brimborium einen neuen Porsche Cayenne in Empfang genommen hat.

Wir waren schon dabei, die Mitteilung mit einem achtlosen „Ja und?“ in den Papierkorb zu pfeffern, als unser Blick auf eine kaum glaubliche Zahl fiel: Es war nicht der erste Porsche, den sich der ehrenwerte Herr gönnt. Es war auch nicht der dritte, sechste, zwölfte oder 27. Bolide aus der Sportwagenschmiede, der in Dr. Rainer Röcker einen zahlungskräftigen Besitzer findet. Nein, der aus dem Allgäu stammende Seniorchef der Confiserie Heilemann hat jetzt seinen 70. Porsche übernommen. Seinen 70. (!)

Nachdem wir uns von der schieren Wucht der nackten Zahl erholt hatten, haben wir uns gedacht, dass mit der Herstellung edler Pralinés und feiner Tafelschokoladen doch offensichtlich ganz gutes Geld zu verdienen ist. Außerdem ist uns aufgefallen, dass Dr. Rainer Röcker (74) ein Mensch ist, der Autos schneller wechselt als mancher Zeitgenosse seine aktuelle Lebensabschnittsgefährtin.

Einen Airport-Hangar als Garage hat der Schoko-Chef nicht

Denn in die Wiege gelegt wurde dem Schoko-Chef kein Porsche, er musste schon bis kurz nach dem Führerschein warten. Seit 1963 ist der Confiserie-Inhaber mit dem Hang zum rasanten Fahrstil nun Kunde der Hahn-Gruppe: „Ich arbeite sehr viel und freue mich über den Erfolg meiner Tätigkeit. Porsche ist für mich der Ausgleich, das Ventil dazu“, sagt er. Wir gönnen ihm das – und weisen vorsorglich darauf hin, dass sich Röcker die Airport-Filiale nicht etwa deshalb ausgesucht hat, weil er einen Flugzeug-Hangar als Garage für seine fahrbaren Untersätze gemietet hätte.

Nein, der Praliné-König schätzt neben „persönlichem Kontakt“ und „individueller Betreuung“ die Tatsache, dass ihm bei Rücknahme der kurzzeitig gebrauchten Karossen offenbar ordentliche Konditionen eingeräumt werden. Sind halt Geldfüchse, die schwäbischen Unternehmer.

Und anrüchig, nur damit da keine Zweifel aufkeimen, ist da gar nichts, wenn einer seinen 70. Porsche kauft. Im Gegenteil: Ich überlege in letzter Zeit schwer, ob ich nicht vielleicht doch ins Confiserie-Geschäft einsteigen sollte. . .