Umstritten ist vor allem die Nutzung der S-Bahn-Gleise. Foto: Leif Piechowski

Streckenführung auf den Fildern für Züge aus Singen ist umstritten – Bahn plante mehrfach um.

Stuttgart - Vom 25. Mai an soll in Diskussionsrunden auf den Fildern geklärt werden, wie der wirtschaftsstarke und bevölkerungsreiche Landstrich Anschluss an die neue Strecke nach Ulm und die Gäubahn nach Singen erhält. Es geht um viele Details. Umstritten ist vor allem die Nutzung der S-Bahn-Gleise.

Eigentlich ist auf den Fildern und am Landesflughafen in Sachen Stuttgart 21 seit 18 Jahren alles klar. Bereits 1994, in der Machbarkeitsstudie zu ihrem Mega-Projekt 21, griff die Bahn bei ihrer Trassenführung auf die S-Bahn-Gleise zurück. Die Filder-Schnellbahn war ein Jahr zuvor in Betrieb gegangen.

Züge aus Richtung Singen würden bei Stuttgart 21 nicht mehr auf der alten Trasse durch den Stuttgarter Westen zum neuen Hauptbahnhof zuckeln. Sie würden nach dem Haltepunkt Böblingen im Rechtsschwenk auf neuen Gleisen durch ein Waldstück bei Rohr auf die S-Bahn-Strecke abzweigen. Nach einem Zwischenstopp am Airport ginge es dann durch den Fildertunnel zum neuen Hauptbahnhof . So steht es auch in der Anlage 3.2a zum Stuttgart-21-Finanzierungsvertrag.

Anwohner fürchten zusätzlichen Lärm und Erschütterungen

Mit dieser Variante plant die Bahn noch heute. Zum Ärger vieler S-Bahn-Anwohner in Leinfelden-Echterdingen, die zusätzlichen Lärm und Erschütterungen, aber auch den Wegfall einer ihrer beiden S-Bahn-Linien S 2 und S 3 zum Flughafen fürchten.

Wenn Stuttgart 21 in Betrieb ist könnten die rund 250.000 Bewohner der Filder vom Flughafen aus mit Fernzügen in acht Minuten zum Hauptbahnhof flitzen. Die S-Bahn bietet heute nur Bummeltempo, braucht über die Filder und die alte Gäubahnstrecke 27 Minuten in die Stadtmitte. Sie hält aber in Echterdingen, Leinfelden und Oberaichen. Ortschaften, die die Fern-und Regionalzüge aus Singen links liegen lassen würden.

Bald nach den ersten Planungen regte sich Protest gegen die neue Linienführung der Gäubahn. Die Bürgerinitiative Lebenswertes LE e.V. sammelte mit dem Slogan „Kein IC durch LE“ 7200 Unterschriften und sprach die Entscheider auf städtischer, regionaler und Landesebene sowie die Bahn an. Ihre Plakate hängen noch heute.

Der Fernbahnhof war einst als Kopfbahnhof gedacht

Die weitere Planung der Bahn kam den Forderungen der Bürger nicht entgegen. Im Gegenteil, 1994 war noch vorgesehen, die Züge aus Singen nicht in die bestehende S-Bahn-Station unter den Flughafen-Terminals, sondern in einen neuen, parallel dazu liegenden „Fernbahnhof“ einfahren zu lassen. Dort sollten auch die Züge aus Ulm Richtung Stuttgart und retour Halt machen. Der Fernbahnhof war als Kopfbahnhof gedacht. Ein Durchgangsbahnhof für die Bahn-Drehscheibe Filder würde einen zusätzlichen Tunnel-Schlenker erfordern, das sei „aus Kostengründen nicht in die Planung aufgenommen worden“, begründeten die S-21-Zahler Bahn, Land, Bund und Stadt und Region Stuttgart ihre Skizzen.

Dann kam der Tunnel-Schlenker doch. Der Abzweig von der Schnellfahrstrecke Stuttgart-Ulm zum Flughafen soll heute unter mehreren Messehallen durchführen. Der Flughafen hatte in die Kasse gegriffen. Seine Zusage, 339,l2 Millionen Euro für Stuttgart 21 zu geben, wirkte wie ein Magnet. Der Fern- wurde zum Durchgangsbahnhof. Warum er aber nun nicht mehr parallel und nicht mehr auf gleicher Höhe mit der S-Bahn-Station, sondern 26,40 Meter tief im Filderboden vergraben werden muss wird die Bahn wohl am 25. Mai erklären. Uneingeschränkt glücklich sind mit dieser Lösung dem Vernehmen nach nicht alle Planer.

Der S-Bahnhof muss aufwendig umgebaut werden

Erklären muss die Bahn auch, warum alle Züge aus Singen künftig in den S- und nicht in den Fernbahnhof fahren sollen. Der S-Bahnhof muss aufwendig umgebaut werden, weil die Bahnsteighöhe für Fernzüge nicht passt. Ob der Flughafen während der Arbeiten überhaupt angefahren werden kann dürfte beim Filder-Dialog nur eine von vielen Fragen aus der Bürgerschaft sein.

Lange hatten die Gegner der neuen Linienführung gehofft, dass es für die Mischnutzung der S-Bahn-Gleise aus Sicherheitsgründen keine Genehmigung geben würde. Das Eisenbahn-Bundesamt als Oberaufsicht über die Bahn hatte sie nicht erteilt.

Erst im Juni 2010 beendete der neue Bundes-Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) die Hängepartie mit seiner Ministererlaubnis. Die Bahn darf die eigentlich zu schmale Strecke samt Tunnel unter Echterdingen und dem Flughafen befristet befahren,, muss aber diverse Auflagen in Sachen Sicherheit erfüllen.

Die Pläne am Flughafen seien ein „billig gemurkster Engpass“, sagte Winfried Hermann (Grüne) 2010, damals als Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Bundestag. Als Verkehrsminister im Land formuliert Hermann heute weniger kantig. Gäubahn und S-Bahn will er gleichwohl so erhalten, wie sie sind. Diese „Nullvariante“ steht aber in keinem Vertrag.