Michael Schneider und Rebecca Raitz erinnern sich gern an ihre Zeit als Ensemble-Mitglieder bei „Ludwig 2“ in Füssen zurück. Foto: Wiebke Wetschera

Die Darsteller der Jungen Akademie Stuttgart mit Sitz in Vaihingen haben im vergangenen Sommer beim Musical „Ludwig 2“ in Füssen mitgespielt.

Vaihingen - Wie es ist, nach einem Auftritt Applaus von 2000 Zuschauern zu bekommen – das konnten sich Rebecca Raitz und Michael Schneider bis zum vergangenen Sommer nur in ihren Träumen ausmalen. „Der Applaus ist ein Gefühl, das man immer wieder haben will“, sagt Schneider, der im fünften Semester an der Jungen Akademie Stuttgart (JAS) Musicaldarsteller studiert.

Zusammen mit Rebecca Raitz und rund 20 anderen Freiwilligen der Akademie konnten sie im August als Ensemble für das Musical „Ludwig 2“ im Festspielhaus in Füssen auf der großen Bühne stehen. Im Jahr 2005 fand dort auch die Uraufführung des Musicals statt.

„Das ist genau das, wo wir alle mal irgendwann sein wollen“, sagt Raitz, die im zweiten Semester ist. „Füssen ist wirklich eine große Bühne; damit steigt man normalerweise nicht in den Profibetrieb ein“, sagt Schneider. Der 23-Jährige hat zunächst eine Ausbildung als Zimmermann absolviert und dann seine Liebe zum Musical entdeckt. „Ich wollte mich nicht in 40 Jahren fragen: Was wäre wenn?“, sagt Schneider. „Statt als Zuschauer dabei zu sein, wollte ich eigentlich immer lieber auf der Bühne stehen.“ Vom 11. August bis 4. September 2016 konnte er zum ersten Mal die Luft einer großen Bühne schnuppern.

Nachwuchstalente lernen von den Profis

Da die Akademie nur wenige männliche Schüler hat, durfte Schneider die gesamte Spielzeit des Musicals im Ensemble dabei sein. Die weiblichen Darstellerinnen der Akademie hingegen wurden in zwei Gruppen aufgeteilt, sodass Rebecca Raitz während der letzten Wochen ihren Einsatz im Ensemble hatte. „Das letzte Lied bei der Abschlussshow war für mich ganz besonders, weil alle gemeinsam eingelaufen sind und mitgesungen haben“, sagt die 19-Jährige. „Das war irgendwie magisch.“

In Füssen gab es für die Jungdarsteller auch die Möglichkeit, von den Profis der Branche zu lernen. „Es war wirklich eine Ehre, mit den Darstellern auf der Bühne zu stehen“, sagt Schneider. Von den Hauptdarstellern gab es für das Ensemble viel positives Feedback. „Sie haben uns total Mut gemacht“, sagt Raitz.

In der Akademie werden die Studierenden in Gruppen- und Einzelunterricht in Schauspiel, Gesang und Tanz unterrichtet. Gemeinsam bereiten sie auch immer wieder Abschlusshows vor – dann allerdings mit Betreuung durch die Akademie. Diese hat den Darstellern auch die Chance ermöglicht, bei „Ludwig 2“ mitzuspielen, vor Ort waren die Darsteller jedoch auf sich allein gestellt. „Wir waren wirklich wie ein richtiges Ensemble, und es hatte nichts mehr mit der Schule an sich zu tun“, sagt Raitz. Das bedeutete auch eigenständiges Üben – über die offiziellen Proben hinaus. Während die erste Ensemble-Besetzung drei Wochen probte, gab es für die zweite Besetzung nur zwei Probetage. Die Darsteller lernten die Choreografien durch Videos von der ersten Besetzung. „Ich bin sehr ehrgeizig und habe wirklich jeden Tag geprobt, dadurch konnte ich die Tanzschritte dann schnell“, sagt Raitz.

Die Akademie als zweites Zuhause

Das Tanzen war zu Beginn der Ausbildung an der Akademie nicht das Lieblingsgebiet der beiden Darsteller. „Ich bin kein Tänzer, aber es macht mir trotzdem Spaß“, sagt Schneider. „Und langsam erkennt man auch Fortschritte.“ Auch Raitz fand ihre Liebe zum Musical nicht im Tanz. „Am Anfang mochte ich die Tanzfächer nicht, aber es ist besser geworden“, sagt sie. Zum Berufswunsch der Musicaldarstellerin ist sie durch ihre langjährige Begeisterung für den Gesang gekommen. „Man kommt dann nicht mehr davon los.“

Dass hinter der Freude beim Auftritt auch immer viel Arbeit steckt, haben die Darsteller nicht erst in Füssen gelernt. Jeder Schüler der Akademie hat einen individuellen Stundenplan von etwa 40 Stunden in der Woche. Aber es kommt immer etwas dazu – eine Probe für Tanz, Gesang oder Schauspiel. „Die Akademie ist quasi unser zweites Zuhause“, sagt Schneider. Zeit braucht es vor allem, um Verständnis für die eigene Rolle zu entwickeln. Die Darsteller müssen die Rolle in- und auswendig kennen – wie die Rolle sich bewegt und wie sie spricht. „Ich überlege immer, wie die Rolle für mich aussieht und wie sie handeln würde“, sagt Raitz.

Dabei ist es wichtig, dass die Darsteller wirklich in die Rolle hineinschlüpfen. „Ich versuche immer mich selbst hinter mir zu lassen“, sagt Schneider. „Man betritt die Bühne in seiner Rolle, aber zum Verbeugen kommt man als man selbst.“ Und dann gibt es für die Darsteller wieder den ersehnten Applaus – so wie bei ihrem ersten großen Auftritt.