Die Mitglieder wollen auf der Filder-Pinnwand erfahren, was auf den Fildern los ist. Foto: Judith A. Sägesser

Warum hat der Tierarzt plötzlich zu? Hat jemand die neue Schoko-Pizza in einem Supermarkt in Filderstadt gefunden? Fragen über Fragen. Manche werden auf der Filder-Pinnwand bei Facebook beantwortet.

Filder - Simone Lendl ist besorgt. „Kann uns jemand sagen, warum die Tierarztpraxis Kraft so plötzlich geschlossen wurde?“, fragt sie auf der Filder-Pinnwand bei Facebook. „Wir sind total geschockt.“ Gaby Kleff hat derweil ein anderes Problem. Sie sucht einen Kühlschrank, einen Staubsauger und eine Waschmaschine. Und Tobias Hoeft braucht jemanden, der sich mit Lackierarbeiten am Auto auskennt, er vermutet, dass an seinem Wagen geschlampert wurde.

Zunächst hatte sie eine Art Tauschbörse im Sinn

Dass sich die Filder-Bewohner auf der Filder-Pinnwand austauschen können, haben sie Ines Schmidt zu verdanken. Die 45-Jährige aus Bonlanden hat vor zweieinhalb Jahren die Facebook-Gruppe gegründet. Anfangs hatte sie eine Art Tauschbörse im Sinn, doch die Plattform hat sich anders entwickelt. „Tauschbörsen gibt es schon zigtausendmal“, sagt Ines Schmidt. Und die aktuell knapp 3500 Mitglieder haben ganz offensichtlich Bedarf am Austausch in einem weiteren Sinne. Sie folgen der Gruppe, weil sie mitbekommen wollen, was auf den Fildern los ist.

Sie geben sich Tipps zu Ärzten, Kneipen oder erzählen sich, wenn ihnen etwas aufgefallen ist. Sei es, dass sie einen DHL-Boten beobachtet haben, der sich unmöglich verhalten hat oder dass sie sonntags in Filderstadt kaum Leute auf der Straße sehen. „Früher hat man ein Schwätzchen am Gartenzaun gehalten“, sagt Ines Schmidt. Auf der Filder-Pinnwand wird digital gequatscht. „Dass es so gut funktionieren würde, hätte ich selbst nicht gedacht“, sagt sie. „Aber es ist inzwischen ein Selbstläufer.“

Zusammengerechnet eine Stunde verwendet Ines Schmidt jeden Tag für ihre Facebook-Gruppe. „Es ist ja immer nur mal hier ein Klick, mal da ein Klick“, sagt sie. Sie gewährt neuen Mitgliedern Zutritt, mahnt zu einem höflichen Umgangston, postet Polizeimeldungen, Zeitungsartikel – oder liest abends auf der Couch einfach mit, was sich die anderen gerade zu erzählen haben.

Alles zu lesen, das schafft sie längst nicht mehr. Viel zu viel wird mittlerweile auf der Filder-Pinnwand getratscht. Ines Schmidt versucht trotzdem, den Überblick zu behalten und sich notfalls einzuklinken. Da war diese Dame, die auf der Pinnwand erzählt hat, dass sie ihren Pelzmantel in die Reinigung gegeben hatte und dass er hinterher kaputt war. Ein gefundenes Fressen für Tierschützer. „Die wurde sehr hart angegriffen“, sagt Ines Schmidt. „Da musste ich viel interagieren.“

Die Filder-Pinnwand soll ein Hobby bleiben

Manchmal steuert Ines Schmidt auch eigene Inhalte bei. Zum Beispiel interviewt sie sporadisch Menschen von den Fildern. „Viele wissen gar nicht, was für tolle Leute hier wohnen.“ Dabei ist sie keine Journalistin, sondern gelernte Hotelfachfrau. Nach ein paar Jahren in der Branche hat sie allerdings gewechselt. Inzwischen arbeitet sie als Assistentin einer Managerin bei einem großen Automobilkonzern. Die Filder-Pinnwand „soll ein Hobby bleiben“, sagt sie. Ein Hobby, das Spaß macht.

Wobei es auch Zeiten gibt, in denen macht es ihr weniger Spaß, den digitalen Gartenzaun der Filder zu verwalten. Dann, wenn sie persönlich angegriffen wird. Ines Schmidt erzählt, dass sie neulich einmal etwas über Hundekotbeutel gepostet habe, die immer wieder am Wegesrand liegen. Da sei sie schnell als Hundehasserin abgestempelt worden. „Das ärgert einen dann auch schon mal“, sagt sie.

Es gibt aber auch schöne Geschichten, die sie erzählen kann von ihrer Filder-Pinnwand. Wie diese: Einer hatte an Silvester zu einem Spieleabend eingeladen. Später erfuhr Ines Schmidt von einer Freundin, dass diese dort war. „Daraus hat sich inzwischen eine Freundschaft entwickelt.“ Oder das Mitglied, das sich als Gratis-Weihnachtsmann angeboten hatte. Der Mann hatte am Nikolaustag gut zu tun.