Foto: Leif Piechowski

Bahn, Stadt und Region werfen Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) Trickserei vor.

Stuttgart - Vor der letzten Sitzung des Filder-Dialogs ist ein heftiger Streit zwischen den Stuttgart-21-Projektpartnern Stadt, Region und Bahn auf der einen Seite und Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und dessen Ministerium auf der anderen Seite entbrannt. Beide Seiten werfen sich gegenseitig vor, die Unwahrheit zu sagen.

„Herr Hermann verhält sich im Filder-Dialog nicht offen“, kritisiert Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU) am Freitag den Minister. Hermann ziele „ganz klar“ darauf ab, dass sich im Dialog die Variante ohne die Gäubahn-Anbindung am Flughafen durchsetzt, sagt Bopp: „Dabei ist diese Variante nicht einmal im Landtag mehrheitsfähig.“ Auch Region und Landeshauptstadt beharren auf der Flughafen-Anbindung.

Eskaliert ist der Streit am Donnerstag durch die Veröffentlichung eines Gutachtens durch das Ministerium. Die Untersuchung des Schweizer Verkehrsplanerbüros SMA vom 28. Juni 2012 im Auftrag des Ministeriums kommt zu dem Schluss, dass die Gäubahn- und weitere Varianten im Filder-Dialog verkehrlich besser abschneiden als die Bahn-Pläne. Die Untersuchung sei „in enger Abstimmung“ mit den Projektpartnern erfolgt, so das Ministerium.

Projektpartner werfen Hermann vor, unvollständige Unterlagen veröffentlicht zu haben

„Die Untersuchungen sind nicht in enger Abstimmung mit den Projektpartnern erfolgt“, erklärt dagegen das S-21-Büro am Freitag im Namen von Stadt, Region und Bahn. „Ich bin über das Verhalten des Ministeriums irritiert“, ergänzt Projektsprecher Wolfgang Dietrich. Nicht nur, dass die Fragestellungen und Randbedingungen der Untersuchung „falsch“ seien – die jetzige Veröffentlichung des Gutachtens widerspreche der Absprache zwischen Land und Bahn, vor Ende des Dialogs keine Variantendebatte zu führen.

Die Projektpartner werfen dem Ministerium zudem vor, „unvollständige“ Unterlagen veröffentlicht zu haben. Tatsächlich gibt es mindestens zwei weitere Untersuchungen im Kontext Filder-Dialog, die das Ministerium bei SMA in Auftrag gab und die der Öffentlichkeit bisher nicht bekannt sind. Beide Untersuchungen liegen unserer Zeitung seit Freitag vor.

In der Untersuchung zu Gäubahn-Alternativen, die SMA am 22. März 2012 fertiggestellt hat, wird unter anderem das Fazit gezogen, dass die Gäubahn-Varianten „keine signifikante Veränderung der Betriebsqualität“ ergäben; entlastende Effekte im Filderbereich würden durch belastende Effekte andernorts im Bahnknoten Stuttgart „in etwa kompensiert“.

Bahn skizziert Variante eines modifizierten Flughafenbahnhofs

Eine weitere SMA-Untersuchung mit Datum 16. April 2012 kommt zum bemerkenswerten Schluss, dass die von der Bahn skizzierte Variante eines modifizierten Flughafenbahnhofs samt Gäubahn-Anbindung die „wahrscheinlich beste Lösung aller Varianten“ im Filderbereich darstelle.

„Beide Untersuchungen geben Details und Zwischenstände wieder, die aber jeweils an alle Projektpartner vermittelt wurden“, sagte am Freitag der Sprecher von Hermann. Das Ministerium favorisiere keine Variante, betonte er. Dass der Minister Sympathien für eine alternative Gäubahn-Führung habe, sei freilich bekannt. In dem SMA-Papier vom 28. Juni haben die Gutachter notiert, dass ihre Bewertungen „in erster Linie für Züge der Gäubahn“ erfolgt seien.